[13.1] Nachdem wir nun das Land so ziemlich haben kennengelernt, vermöge alles dessen, was die Bildung des Landes selbst anbelangt, und so auch der Vegetation und den Wässern nach, und wie alles dieses ist zu seinem guten Gebrauch [dient], so wollen wir uns nun aus dem Reich der elementarisch-metallischen Vegetabilien- und Wasser-Sphäre, welche die erste Unterlage des Tierreiches ist, zum Reich der Tiere selbst wenden.
[13.2] Bevor aber wir noch uns zu den eigentlichen Tieren selbst wenden werden, wird es noch notwendig sein, ein wenig die Meeresufergegenden, als die Hauptbehausung des allermannigfaltigsten Tierreiches, zu besichtigen. Auf eurer Erde sind zuallermeist die Meeresufergegenden auch mit seltener Ausnahme diejenigen Teile der Ländereien, welche zuallermeist bevölkert sind; darum, weil sich über das Wasser und selbst an den Ufern des Wassers leicht Handel und Verkehr treiben lässt, vorausgesetzt, dass die Meeresufer nicht etwa lang gestreckt aus lauter Klippen bestehen oder sonst voll Sand und Schlamm sind. Allein nicht also verhält es sich mit den Meeresufergegenden unseres Planeten, allda wenigstens nach euerem Maß vierzig Meilen landeinwärts kein Mensch mehr wohnt, und das zwar aus folgendem Grund, weil in solcher Niederung des Landes bis auf vierzig Meilen landeinwärts niemand sicher ist vor einer plötzlichen Überflutung. Denn wie das Meer auf eurer Erde einer periodischen Flut und Ebbe unterworfen ist, umso mehr ist solches der Fall bei einem so großen Planeten, da die Flut sich auch in demselben Verhältnis, ja zuweilen höher erhebt, in welchem Verhältnis dieser ganze Planet und all die Dinge zu der Erde und allem dem, was darauf ist, stehen.
[13.3] Ich sagte zu der jeweiligen Überflutungszeit darum, da dieselbe auf diesem Planeten nicht allzeit eine gleiche Höhe erreicht. Hievon ist folgender Grund: Weil denn doch sieben Monde einen bedeutenden Einfluss haben auf den Planeten selbst, so geschieht es in jenen Zeiten, wo alle sieben Monde zufolge ihrer ungleich schnellen Bewegung auf einer und derselben Seite des Planeten zu stehen kommen, dass dadurch das dortige Meerwasser dann mehr als gewöhnlich emporgehoben wird. Wo nur, wie bei euch, ein Mond einen Planeten umkreist, da wäre es freilich wohl unklug, die Flut und Ebbe dem Mond zuzuschreiben, obschon er dessen ungeachtet einen unbedeutenden Einfluss ausübt. Allein dieser ganze Einfluss beträgt auf der Erde bei sechs Fuß naturgemäßer Steigerung des Meeres kaum einen Zoll als Mithilfe. Aber bei einem Planeten wie der Saturnus macht das über die naturgemäße Erhöhung des Meeres einen bedeutenden Ausschlag. Denn nehmt ihr da auch die verhältnismäßigen sieben Zoll, zufolge dessen, dass ein jeder Mond dem der Erde gleich um einen Zoll das Wasser zu erheben hilft, so müsst ihr aber doch diesen Zoll in eben dem Verhältnis nehmen, in welchem Verhältnis alles Übrige des Saturnus zur Erde steht. Und da werdet ihr alsbald zu dem Resultat gelangen, dass die sieben Zoll nach Abzug aller anderen ordnungsgemäß wirkenden Ursachen gar leicht einen Ausschlag von siebzig Klaftern geben. Und nehmt ihr dazu noch die gewöhnliche Steigerung des Saturnus-Meerwassers zur Zeit der Flut um sechzig Klafter an, so werdet ihr daraus alsbald leicht gewahr werden, wie hoch das Wasser des Meeres manchmal an den Ufergegenden zu stehen kommt.
[13.4] Wenn der Ring über dem Meer nicht eine so wohltätige Wirkung über das Gewässer des Meeres ausüben möchte, so wäre bei solcher hochflutenden Gelegenheit des Meeres sogar das innere Flach- und Niederland auf tausend und tausend Meilen weit gefährdet. Allein durch die anziehende Kraft des Ringes geschieht hier bei Gelegenheit der Flut diese merkwürdige Erscheinung, dass alldort das Meereswasser selten weiter als vierzig Meilen landeinwärts dringt; denn es bildet das Meer bei der Gelegenheit der Flut unter dem Ring förmliche Wasserberge. Und so zieht sich das Wasser vielmehr in diese Berge zusammen, als dass es allzu weit eindringen möchte in das Land.
[13.5] Diese Wasserberge haben eine große Ähnlichkeit mit den Wasserhosen bei euch, nur mit dem Unterschied, dass sie eben vermöge der anziehenden Kraft des Ringes nicht selten zu der schauerlichen Höhe von einhundert Meilen emporwachsen, welche hohe Flutzeit dann auch für die Schifffahrt so gut wie ganz vollkommen untauglich ist. Denn wird ein Schiff von einem solchen wachsenden Wasserberg ergriffen, so wird es mit einer unbeschreiblichen Heftigkeit und Schnelligkeit in die Höhe gehoben; und hat es den höchsten Gipfel erreicht, so wird es dann vermöge solcher Wurfkraft so hintangeschleudert, dass da von einer glücklichen oder unversehrten Zurückkunft gar schwerlich mehr die Rede ist. Dann und wann wird auf manchen Stellen die Auftürmung so gewaltig, dass sie beinahe bis an den Ring hinaufreicht; allein dies geschieht nur äußerst selten.
[13.6] Dessen ungeachtet aber sind selbst die unbedeutendsten Auftürmungen des Meeres alldort den Schiffern schon sehr gefährlich, weil bei solcher Auftürmung das Wasser des Meeres allzeit einen für euch unbegreiflich schnellen Wirbel oder Dreher macht. Kommt da jemand mit seinem Fahrzeug in den Bereich eines solchen tanzenden Wasserberges, so wird es anfangs, da der Wirbel noch langsamer geht, auf die Wasserhöhe hinaufgezogen. Und da das Drehen sich immer potenziert, je höher und höher das Wasser steigt, so geschieht es dann auch, dass irgendein mitgerissenes Fahrzeug mächtig weit hintangeschleudert wird, oder es wird auch durch die Gewalt des drehenden Wassers leichtlich zertrümmert. Denn der Durchmesser eines solchen Berges, auch nur von der mittleren Größe, beträgt auf der Fläche nicht selten zwanzig bis fünfzig Meilen, in der Mitte oft noch zehn bis zwanzig Meilen und an der Spitze ein bis zwei Meilen. Die Drehung des Wassers aber in der Mitte eines solchen Berges ist schon von solcher Schnelligkeit, dass es den Weg herum in vier bis fünf Minuten zurücklegt und auf der Spitze gar in ein oder längstens eineinhalb Minuten. Nun könnt ihr euch schon die Wurfkraft eines solchen Berges denken! Wenn das Schiff sich gerade irgendwo auf der Meeresfläche befindet, da gerade unter dem Schiff sich die Spitze eines Berges zu bilden anfängt, so ist das der erste Fall, wodurch dann irgendein Schiff in die schauerliche Höhe hinaufgeworfen wird. Und kommt aber das Schiff an den Wirbelfluss eines solchen Berges, so wird es zu einer gewissen Wasserschnelle gehoben und von da alsbald weitmächtig hintangeschleudert.
[13.7] Nun seht, das war vor der Erklärung des Tierreiches notwendig noch zu beachten; denn fürs Erste wird daraus ersichtlich, warum die Ufergegenden des Saturnus-Meeres unbewohnbar sind. Fürs Zweite aber wird hier in diesem großen Naturakt die erste Produktion des Tierreiches gezeigt; denn dadurch geschieht ein großartiger Begattungsakt vermöge welchem die atomischen Äthertierchen ins Wasser aufgenommen werden, darin sie sich dann von Klasse zu Klasse reproduzieren, bis sie dann zu jener Stufe gelangen, die ihr auf eurer Erde Amphibien nennt, welche Tierklasse auch auf diesem Weltkörper den ordnungsmäßigen Übergang von den Wassertieren zu den Landtieren bildet. Und also ist dann auch all das Uferland gewisserart die erste Stufe, auf welcher vermöge der stufengerechten Fortbildung die Seetiere an das Land vom Wasser selbst übersetzt werden; und so wir also das Tierreich alldort betrachten wollen, so müssen wir es ja auch ordnungsgemäß dort zu betrachten anfangen, wo es eigentlich seinen Ursprung nimmt.
[13.8] Das Wasser des Meeres ist demnach die erste Wohnstätte der Tiere. Welche Tiere erblicken wir aber zuerst in diesem Weltkörper, und zwar in dessen Meergewässern? Auch alldort ist die Ordnung dieselbe wie auf der Erde.
[13.9] Die erste Tiergattung alldort besteht in einer zahllosen Menge von außerordentlich kleinen, weißen Würmchen, welche so klein sind, dass in einem gewöhnlichen Tropfen Millionen derselben hinreichenden Platz haben. Die zweite Gattung ist eine Art größerer Würmer, die schon mit zwei Armen versehen sind. Diese sind schon sichtbar dem Auge der Saturnusbewohner. Ein solches Tierchen der zweiten Stufe verzehrt in einer Sekunde schon viele tausende der ersten Gattung und assimiliert dadurch derselben Leben dem seinigen. Die dritte Stufe ist eine Art länglicher grauer Würmer, etwa von der Größe wie eure Essigaale. Diese Tiergattung ist sehr gefräßig und nährt sich von den beiden unteren Klassen und assimiliert dadurch deren Leben dem seinigen. Die vierte Klasse ist eine Gattung Wurm, der da zwei Köpfe hat, und hat schon eine Länge von einer Linie, und wird gegen die Mitte dicker, so, dass seine Gestalt wird gleich einem Kipfel. Dieses Tier verzehrt nur seine Vorgänger. Und die nächste Klasse nach ihm fängt sich schon an zu unterscheiden dem Geschlecht nach, während bei den vorhergehenden Gattungen noch kein Geschlechtsunterschied stattfindet. Dieses Tier aber ist vermöge seiner zwei Köpfe schon so bestellt, dass es gewisserart das männliche und weibliche Wesen in sich vereinigt, was da zu ersehen ist aus seinen zwei Köpfen. Die nächste Gattung besteht schon in einer Art vierarmiger, rötlicher Käferchen. Dieses Tier hat schon alldort die sichtbare Größe von etwa zwei Linien der Länge und eine halbe Linie der Leibesbreite nach. Dieses Tierchen ist ein Vielfraß, denn es frisst alle seine vorhergehenden Gattungen in einer Unzahl und assimiliert sich dadurch ihr Leben. Und so gehen bei tausend Stufen immer eins in das andere über, bis sie erst in die Gattung der dortigen Schaltiere aufgenommen werden.
[13.10] Die Gattungen der Schaltiere sind ebenso reichhaltig, und kommt da zuerst eben auch die Muschel und dann erst die Schnecke zum Vorschein.
[13.11] Unter den Muscheltieren ist alldort vorzugsweise die große blaue Riesenmuschel zu bemerken, welche nicht selten so groß wird, dass wenn sie auf eurer Erde sich irgend in einem Meer befinden würde, sie mit allem Recht für eine Insel mit einem Flächenraum von ein bis eineinhalb Quadratmeilen gelten könnte. Diese Muschel ist aber auch die letzte Stufe der Muscheln; ihr Tod ist eine Menge kleiner Schnecken, welche, sobald sie dann und wann, um Nahrung zu nehmen, sich in sie hineinbegeben, unsere arme Muschel von allen Seiten zu benagen anfangen. Wenn dann die Muschel auf diese Weise aufgezehrt wurde, so wird die Schale dann nicht selten bei Gelegenheit der Flut und Ebbe entweder auf eine kleinere Insel oder auch an das uns schon bekannte Landesufer hinausgeworfen, allwann dann nicht selten die Bewohner des Saturnus herbeikommen und solche für sie sehr kostbare Muscheln sammeln und sie in ihre Gegenden bringen. Diese Muscheln werden dann gewöhnlich so in die Erde hinein befestigt, dass zwischen den beiden Muscheln, oder eigentlich den beiden Schalen der Muschel mehrere schon bekannte Regenbäume eingepflanzt werden, woselbst dann in diese weiten Muschel-Bassins das Baumregenwasser am allerwirtschaftlichsten aufgesammelt wird.
[13.12] Die Außenseite einer solchen Riesenmuschel ist eben nicht besonders schön, sie hat eine dunkelgrüne Farbe; aber desto imposanter ist die Innenseite, denn diese sieht geradeso aus, als so ihr poliertes Gold möchtet mit einer schönen azurblauen Farbe überziehen. Daher ein solches Muschelwasserbecken, wenn es von den Regenbäumen angefüllt worden ist, sich alldort auch außerordentlich herrlich ausnimmt, in welchem Wasser sich besonders die Saturnusbewohner sehr gerne baden; fürs Erste, weil dieses Wasser die höchste Reinheit hat, und fürs Zweite, weil es auch von einem ätherischen Wohlgeruch gesättigt ist, ungefähr so wie bei euch das Nardusöl riecht, welches auf eurer Erde zu den wohlriechendsten gehört.
[13.13] Ihr werdet wohl fragen, aber wie bringen die Saturnusbewohner eine solche ungeheure Riesenmuschel von der Stelle? Dieses geschieht alldort auf eine ganz einfache Art. Fürs Erste ist die Muschel nicht so schwer, wie ihr es euch vorstellt, denn allda unter dem Ring sind überhaupt die Gegenstände nicht so schwer wie auf irgendeinem anderen Teil, entweder der südlichen oder nördlichen Breite dieses Planeten. Und so geschieht es denn, dass die Bewohner dieses Planeten eine solche Muschel, wenn sie irgendeine finden, alsbald mit ihren vielseitig angebrachten Keilen und Hebeln öffnen, sie dann sorgfältig ausräumen, hierauf wieder zuschließen und am Schluss rundherum überall die Öffnungen sorgfältig mit einer eigenen Art Wasserpaste verkleistern. Alsdann warten sie mit ihren Schiffen eine kleine Flut ab. Diese hebt dann die Muschel, welche sie vermöge eines starken Bandes an ihr Schiff befestigen, wonach dann die Fahrt irgend auf einem Fluss landeinwärts mit einer solchen Schnelligkeit beginnt, von der ihr euch nicht leichtlich einen Begriff machen könnt. Denn eben bei solchen Gelegenheiten macht der Saturnusmensch seine vollste Willensdampfkraft geltend; daher es auch nicht wundern darf, wenn die Saturnusbewohner nicht selten Gegenstände von einem Ort zum anderen befördern, vor deren Größe und Last euch schaudern würde – was zu seiner Zeit, wie auch bei mancher Gelegenheit, noch deutlicher gezeigt wird.
[13.14] Nächstens wollen wir das Reich der Tiere näher verfolgen und daher für heute Amen.
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