[11.1] Wenn ihr euch so einen Strom recht wohl vorstellen wollt, da denkt euch eine unabsehbare, ruhige Wasseroberfläche, welche sich nach einer geraden Linie unermesslich für euer Auge weit bis zum Meer ausdehnt. Denkt euch dazu einen solchen Fluss noch in einer weitgedehnten Ebene fortfließen, welche nur hie und da von regelmäßigen, euch schon bekannten Gebirgsgruppen unterbrochen wird. Denkt euch dazu noch die größte, üppigste Fruchtbarkeit dieser Ufergegenden. Denkt euch ganze Alleen zwischen den Bergen von den sogenannten Pyramidenbäumen. Denkt euch noch all die schönen Gärten mit den euch schon bekannten Spiegelbaumalleen wie auch ganze unabsehbare Wälder längs den Ufern solcher Ströme von dem Trichterbaum und allen anderen üppigsten Baum-, Gesträuch-, Pflanzen- und Grasarten; ja denkt euch noch die überaus merkwürdige Tierbevölkerung solcher Ströme und all die großen, überaus mannigfaltigen, herrlichen Wasservögel, welche da oft scharenweise über der weiten Oberfläche solcher Ströme nach allen Richtungen herumfliegen und allesamt dem Willen des Menschen untertan sind. Und denkt euch in eurer Phantasie auch hinzu, dass sich bei den Familien, besonders die an den Ufern wohnen, nicht selten himmlische Gestalten einfinden, d. h. Engel des Himmels, und mitunter, wie gesagt, auch Ich Selbst.
[11.2] Wenn ihr so dieses alles zusammenfasst, so könnt ihr euch schon einen so ziemlichen Begriff von der großen Herrlichkeit einer solchen Stromufer-Gegend machen, und, wie schon gesagt, ist vorzugsweise der gegen Morgen fließende Strom mit seinen weiten Ufern zu beachten. Nur müsst ihr euch die Sache nicht etwa, besonders was die Vegetation anbelangt, gewisserart wie Kraut und Rüben chaotisch durcheinandergemengt vorstellen, sondern alles in der schönsten, planmäßigen Ordnung. Denn allda ist nicht nur für das alleinig tierische Bedürfnis durch eine gewisserart hingeworfene Vegetation, sondern es ist hier auch von Mir aus schon gar wohl für eine bestens geordnete Zierlichkeit gesorgt, welches ihr schon ein wenig von der Beschreibung der Pflanzen und der sämtlichen Vegetation habt abnehmen können.
[11.3] Wie aber dieser Morgenstrom beschaffen ist, so sind auch all die übrigen drei beschaffen; nur haben sie nicht diese Breite, und auch sind sie nicht so stark bevölkert; dessen ungeachtet ist im Verhältnis die Pracht nicht minder als die am Morgenstrom.
[11.4] Derjenige Strom, der da sich gegen den Norden ergießt, ist an seinen Ufern zuallermeist das, was ihr romantisch nennt. Denn weil da sein Tal nicht selten von Bergen beengt wird, so ist der Anblick auch nicht selten [romantisch], da man auf der ganzen Gebirgsseite herab eine Unzahl von himmelhohen, blendend weißen Felsentürmen entdeckt, welche nicht selten mit der schon beschriebenen Heilpflanze geschmückt sind; denn da ist ihr vorzügliches Vaterland, obschon sie auch anderwärts, nur nicht so häufig, vorkommt.
[11.5] Auch hier stellt euch wieder die belebten Ufer wie am Strom des Morgens mit allem dort Besagten vor; nur was die sogenannten Pyramidenbaum-Alleen betrifft, lasst allda hinweg, weil dieser Baum wegen des etwas mehr steinigen Bodens nicht wohl fortkommt – so habt ihr auch ein vollkommenes Bild von diesem Strom und dessen Ufern.
[11.6] Der Strom gegen Abend [Westen] aber ist berühmt seiner vielen harmonisch singenden Vögel wegen. Wenn es euch möglich wäre, einen Abend allda zuzubringen, so dürftet ihr durch ein solches Konzert so verwöhnt werden, dass euch darauf eure Musik nicht anders vorkommen möchte, wie bei euch selbst nach einem herrlichen Konzert oder nach einer großen Symphonie eines wohlbewährten Tondichters (als z. B. eines Händel usw.) ein Gequake von Fröschen in einer Lache.
[11.7] Seht, also bin Ich auch alldort sogar ein Musiklehrer der Vögel! Und ihr könnt versichert sein, wenn eure besten Sänger nur einmal einen solchen befiederten Sänger dieses Planeten hören möchten, sie dann gewiss sich in ihrem ganzen Leben nicht auch mehr einen Ton zu singen getrauen würden. (N. B. Die Musik ist auch bei den Bewohnern dieses Planeten ein ganz vorzügliches Eigentum, nur haben sie durchaus keine musikalischen Instrumente. Aber sie sind desto vorzüglichere Sänger, mit welchem Gesang sie auch ganz vorzüglich bei ihrem Gottesdienst Mich lobpreisen und Mir danken – was alles euch bei der eigentlichen Darstellung der Menschen und ihrer Verhältnisse dargestellt werden wird.)
[11.8] Der Strom, der sich da ergießt gegen Mittag [Süden], ist wieder wegen seines Wasserglanzes überaus berühmt. Denn die Oberfläche des Wassers schimmert hier besonders am Tag beständig so, als wie bei euch große, schöne, wohlbeschnittene Diamanten, welches daher rührt, weil dieses Wasser, besonders an der Oberfläche, von ungemeinster Reinheit ist. Es sind zwar alle Wässer alldort viel reiner als bei euch das Wasser aus der reinsten Quelle; aber das Wasser dieses Stromes ist so rein, dass man jeden Gegenstand am tiefsten Grund desselben mit ganz ungeschwächtem Licht erschauen kann, aus welchem Grund denn auch die Oberfläche besonders bei einer kleinen Wellenbewegung so überaus herrlich brillant schimmernd wird, dass ihr euch von dieser großen Pracht durchaus keinen Begriff machen könnt; denn ein Regenbogen bei euch ist etwas Allersimpelstes dagegen.
[11.9] Aber was die Bevölkerung der Ufer dieses Stromes anbelangt, so ist sie gewisserart die ärmste, und zwar aus dem Grund, weil allda die Vegetation nicht so gut fortkommt wegen des gewisserart zu harten Wassers. Obschon das Wasser ungemein rein ist, so ist es aber doch härter als das Wasser der übrigen Ströme, was auch schon auf eurer Erde der Fall ist, da auch je reiner und kälter irgendeine Quelle ein Wasser zutage fördert, desto härter und unbefruchtbar, oder vielmehr unbefruchtender dasselbe auch ist. Aber deswegen müsst ihr euch eben nicht denken, dass die Ufer dieses Stromes darum etwa wüste aussehen; sie sind dessen ungeachtet viel üppiger als die allerüppigsten auf eurer Erde; nur stehen sie in diesem Planeten besonders den Ufergegenden am Morgenstrom nach.
[11.10] Und so hätten wir alsdenn von unserem Mittelberg die vier Hauptströme angeschaut. Ihr müsst euch aber dabei nicht denken, dass etwa das die allein bewohnten und belebten Gegenden dieses Planeten sind; sondern es sind sowohl die Berge verhältnismäßig nicht minder bewohnt wie auch die Ufer all der übrigen Flüsse, welche teils selbst in verschiedenen Krümmungen dem Meer zuströmen, größtenteils sich aber auch, wie bei euch, entweder in die schon obengenannten vier Hauptströme oder aber auch in andere Nebenströme ergießen.
[11.11] Nun bleiben uns nur noch die dortigen vielen und großen Landseen übrig. Was ihre Zweckmäßigkeit und ihre Pracht anbelangt, wie auch die Bewohnbarkeit ihrer weitgedehnten ebenen Ufer, bei einer nächsten Gelegenheit. Für heute Amen.
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