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4. Der Trichterbaum, der Pyramidenbaum und der Spiegelbaum

[4.1] In der sechsten Ordnung dieser Bäume ist zu bemerken der sogenannte Trichterbaum, Kibra genannt. Dieser Baum hat einen bei drei Klafter im Durchmesser dicken Stamm mit einer ebenfalls sehr glatten Rinde, die von bläulicher Farbe ist. Am Ende des bei zwanzig Klafter hohen und durchaus gleich dicken Stammes breiten sich nach allen Seiten, nach eurer Rechnung in einem Winkel zu 45 Graden, bei zehn Klafter lange, gerade Äste aus. Diese Äste haben nach links und rechts in paralleler Richtung, gleich den Fichtenzweiglein bei euch, parallele Ausläufer, die, je weiter sie vom Stamm entfernt sind, auch desto länger und breiter werden. Diese Ausläufer sind eigentlich nichts als Zweige und Blätter dieses Baumes zugleich. Am Ende der Äste sitzt die Blüte und hernach auch die Frucht. Und da hat ein solcher Baum nicht mehr Früchte als gerade so viel, als er solche Äste hat.

[4.2] Das Merkwürdige bei diesem Baum ist seine Blütezeit. Denn bevor er die Blüte getrieben hat, wird er am Ende eines jeden Astes aus sich selbst brennend, jedoch nur mit einem kalten Feuer, welches dem der Leuchtwürmer und dem des faulen Holzes gleicht, nur mit dem Unterschied, dass dieses Vorblütefeuer bei weitem heller leuchtet denn das auf eurer Erde erwähnte vorkommende. Vorzugsweise ein herrliches Lichtschauspiel gewährt ein ganzer Wald von diesen Trichterbäumen, und zwar besonders dadurch, weil auch alldort die Bäume nicht in einer und derselben Stunde zu blühen anfangen, also auch das Vorblütefeuer bei einigen früher, bei einigen später vorkommt. Da dieses Feuer allzeit sieben Tage lang vor der Blüte zum Vorschein kommt und von da an auch immer mit stetem Farbenwechsel brennt, [so geschieht es,] dass es durch die sieben Tage auch alle sieben Hauptfarben nebst allen ihren Übergängen durchgemacht hat.

[4.3] Nun denkt euch nur einen solchen blühenden Baum, da nicht einmal auf einem Baum all die Äste an einem Tag zu blühen anfangen und somit hernach auch das Vorblütefeuer schon an einem und demselben Baum mehrfarbig ist. Wenn dann auf diese Art ein ganzer Wald von diesen Trichterbäumen so zu blühen anfängt, so könnt ihr euch auch schon mit einem Quintel Phantasie einen so ziemlichen Begriff machen, wie herrlich sich von irgendeiner Höhe ein solcher blühender oder eigentlich vorblühender Wald, der manchmal eine Ausdehnung von mehreren hundert Quadratmeilen hat, ausnehmen mag.

[4.4] Nach diesem Vorblütenbrand dieses Trichterbaumes kommt dessen merkwürdige Blüte zum Vorschein. Wahrlich, bei euch würde sie nicht in allen Staaten geduldet sein! Denn so sieht sie aus: Auf einem zwei bis drei Klafter langen, goldgelben und über Mannsarm dicken Stiel wird also ein bei zwei Klafter breites dreifarbiges Band bis zu einer sechs Klafter langen Weite hinausgetrieben. Und dieses Band hat drei regelmäßige Farben, als hellrot, hellblau und schneeweiß. Und so viele Blüten ein solcher Baum da hat, ebenso viele Bänderfarben [Bänderfahnen] flattern da um ihn.

[4.5] Nun könnt ihr euch wieder einen kleinen Begriff von der Pracht der Blüte dieses Baumes machen. Wenn die Blütezeit vorüber ist, alsdann fallen Fahne und Stiel von dem Baum und werden da die schönsten Exemplare von den Menschen auch gesammelt. Ihr Gebrauch ist weiter kein anderer, da sie im trockenen Zustand sehr viel von ihrer Pracht verlieren, als dass die dortigen Menschen sie zusammenrollen, auf einen Haufen dann zusammentragen und, solange sie noch frisch und weich sind, zur Stärkung ihrer Glieder darauf liegen. Wenn sie aber dann trockener und fester geworden sind, werden sie angezündet, allwann sie dann einen sehr lieblich riechenden Rauch von sich geben und das Erdreich durch ihre silberweiße Asche ungemein düngen. Was aber die unansehnlichen Exemplare dieser Blüten betrifft, so werden sie unter dem Baum liegen gelassen, allwo sie dann verfaulen und dadurch ebenfalls die Erde düngen.

[4.6] Das Prachtvollste bei diesem Baum aber ist die bald nach der Blüte zum Vorschein kommende Frucht. Diese gleicht der Figur nach ungefähr euren Zug- oder Flaschenkürbissen, nur mit dem Unterschied, dass das eigentliche Rohr nicht selten eine Länge von vier bis fünf Klaftern erreicht und einen Durchmesser von zwei Schuhen hat. Der Kopf an diesem Rohr aber bildet allzeit eine vollkommene Kugel, im Durchmesser von eineinhalb, oft zwei Klaftern. Die äußere Rinde dieser Frucht hat, strenggenommen, das Aussehen wie gediegenes, poliertes Gold. Nun fragt wieder ein wenig eure Phantasie, wie sich ein Wald von solchen Bäumen beim Sonnenlicht ausnehmen dürfte?

[4.7] Nun möchtet ihr wohl auch wissen, wozu alldort diese Frucht gebraucht wird? Die Antwort ist sehr leicht. Gerade auch dazu, als ihr eure Zug- und Flaschenkürbisse braucht: teils um Flüssigkeiten aus irgendeiner kleinen Tiefe zu heben, teils aber auch als Gefäße, um Säfte, aus verschiedenen Pflanzen gepresst, darin aufzubewahren. Diese Frucht wird auch auf diesem Planeten als ein Tauschhandelsartikel so viel als möglich sorgfältig gesammelt und für den Tauschhandel aufbewahrt.

[4.8] Ihr möchtet vielleicht auch wissen, warum dieser Baum gerade auch eine solche Trichterform hat? Diese Trichterform ist diesem Baum darum eigen, damit er fürs Erste in diesen seinen Trichter das Licht von der Sonne um desto wirkender aufnehmen kann, und so auch das elektromagnetische Fluidum. In der Mitte des Trichters aber hat er eine Markröhre, welche besonders zur Nachtzeit einen förmlichen Nebel ausdünstet. Dieser Nebel aber ist für die andere Vegetation wie auch für die Menschen, wenn sie ihn einatmeten, von etwas giftiger und zerstörender Art, solange nicht das Licht der Sonne ihn zerteilt. Aber dieser Trichter ist so beschaffen, dass er diesen Nebel nicht anders durchsickern lässt und auch nicht mehr, als nur gerade zur Befruchtung des Baumes durch die Nacht nötig ist, und das zwar nur so lange, als die Frucht nicht zur halben Reife gelangt ist; alsdann sich diese Markröhre in dem Trichter verschließt und dieser Dunst dann hinausgetrieben wird zur regelmäßigen Aufblähung der Frucht, allwann dieser Trichter eine solche nährende Lebensluft enthält, dass da viele Menschen auf gewissen Leitern da hinaufsteigen und sich in diesen Trichtern ein Lager errichten und da längere Zeit übernachten.

[4.9] Seht, das ist alsdann das ganze Denkwürdige dieses Trichterbaumes. Zum Genuss für den Leib hat er außer seiner Lebensluft nichts, und die Samenkörner, die da euren Kürbiskernen nicht unähnlich sind, werden nur von den Haustieren verzehrt.

[4.10] Und somit gehen wir noch zu der siebenten Gattung über. Da ist zu bemerken der sogenannte Pyramidenbaum, Uhurba genannt.

[4.11] Dieser Baum ist wohl der höchste auf diesem Weltkörper und ist ungefähr von der Eigenschaft eurer Edelfichten, die da haben einen weißen Stamm. Er wächst nicht selten zu einer Höhe, dass ihr auf eurer Erde kaum einen Berg habt, der sich mit diesem Baum messen könnte. Auch dieser Baum hat nur einen Stamm, welcher zuunterst, an der Wurzel, nicht selten einen Durchmesser von achtzig bis neunzig und einhundert Klaftern hat. Seine Äste gehen schon an der Erde vom Stamm nach allen möglichen Richtungen aus und die untersten haben bei einem vollkommen ausgewachsenen Pyramidenbaum nicht selten eine Länge von tausend Klaftern und werden gegen die Spitze regelmäßig immer länger [kürzer], alsozwar, dass ein solcher Baum dann eine förmliche große Pyramide in runder Kegelform bildet, gegen welche eure großen ägyptischen Pyramiden wahre Schneckenhäuser sind; denn so es möglich wäre, euch körperlich dahin zu versetzen, ihr glauben würdet, die höchsten Berge vor euch zu erblicken.

[4.12] Dieser Baum gehört zum Nadelholz, und seine Blätter gleichen, freilich in sehr vergrößertem Maßstab, so ziemlich den Nadelblättern eurer Fichten; nur die Farbe ist nicht grün, sondern blau. Die Nützlichkeit dieses Baumes ist in Hinsicht auf die Reinigung der Luft und Erfüllung derselben mit Lebensstoffen so außerordentlich, dass die heilende Kraft aus den Wipfeln und Zweigen dieses Baumes sogar bis auf eure Erde hinabreicht. Und vorzüglich beziehen eure balsamisch duftenden Nadelhölzer ihren ätherischen Stoff daher.

[4.13] Diese Bäume werden auch sorgfältig allenthalben angepflanzt, und es braucht da nichts mehr, als nur einen Reiser von diesem Baum zu nehmen und selben irgendwo in gute Erde zu stecken, so wächst er alsbald fort und wird binnen wenigen Saturnjahren schon ein sehr ansehnlicher Baum, und wächst da fort und fort und kann ein Alter von mehreren hundert Saturnjahren erreichen. Wenn ein solcher Baum hernach aber abstirbt, da wird er an der Wurzel zuerst ganz morsch und zehrt sich von sich selbst bis auf den äußersten Wipfel zusammen. Allwo da irgendein solcher Baum also sich verzehrend abgestanden ist, wird von den Bewohnern sogleich magere Erde darübergestreut, woraus dann in wenigen Jahren der fruchtbarste Grund zum Anbau ihrer beliebten Saftkräuter bereitet wird. Auch hier könnt ihr eure Phantasie zu Lehen nehmen und einige solche Bäume hintereinander betrachten, so wird euch eure Erdengröße wohl ein wenig abgekühlt werden.

[4.14] Auch von diesem Baum wisst ihr bereits das Allerwesentlichste, und so können wir noch zu der achten Gattung eines für euch gewiss höchst merkwürdigen Baumes übergehen. Denn von desgleichen findet sich wieder auf eurer Erde nicht die allerleiseste Spur.

[4.15] Und als solcher Baum ist für die achte Gattung bemerkenswert der sogenannte Glas- oder Spiegelbaum, alldort Ubra genannt. Dieser Baum hat einen ganz regelmäßig viereckigen Stamm, welcher so durchsichtig ist als wie bei euch ein etwas grünliches Glas. Der Stamm geht zugespitzt bis zu einer Höhe von zwanzig bis dreißig Klaftern empor, hat durchaus keine Äste, sondern über die Hälfte dieses Glas- oder Spiegelbaumstammes schießen wie bei eurem Kaktus große hängende Blumen hervor, welche ungefähr die Gestalt haben, nur in sehr vergrößertem Maßstab, als eure Lilien; nur mit dem Unterschied der Farbe, welche bei dieser Blüte so beschaffen ist, dass ein jedes Blatt, deren es zehn bei jeder Blume gibt, von einer anderen Farbe ist. Wenn dieser Baum nach einem halben Jahr abgeblüht hat, alsdann kommt auf einem kristallartig knorrigen Stiel eine für euch gewiss höchst merkwürdige Frucht zum Vorschein. Diese Frucht besteht im Anfang in nichts anderem als in einem sehr durchsichtigen Wasserbeutel, der nach und nach immer größer und größer wird und in seiner Reife einem Ballon in einem Durchmesser von ein bis eineinhalb Klaftern gleicht.

[4.16] Wenn diese Frucht zu dieser ersten Reife gelangt ist, alsdann fängt an die Flüssigkeit in diesem Beutel sich so zu verdichten, dass dann der Beutel zusammenschrumpft und nach und nach von der verdichteten Flüssigkeit sich losschält. Diese verdichtete Flüssigkeit fällt dann oft samt dem Stiel auf den Boden herab. Alsdann kommen die Bewohner und klauben diesen harten Saft auf, und beschneiden denselben auf allen Seiten regelmäßig, und bilden dann daraus ganz eigene regelmäßig viereckige Tafeln und gebrauchen diese ungefähr dazu, als ihr auf eurer Erde eure Spiegel. Keinen weiteren Gebrauch machen sie gerade von diesem Baum nicht als bloß einen solchen, den ihr von gewissen Bäumen macht zur Zierde eurer Gärten. Denn wenn eine Reihe von solchen Bäumen angesetzt ist, so bildet das für die Bewohner dieses Planeten eine Prachtallee. Und sie tun dieses mit diesem Baum auch darum sehr gerne, weil er sich ebenfalls, wie der Pyramidenbaum, sehr leicht verpflanzen lässt, nur nicht vermittelst der Reiser, da er durchaus keine Äste hat, sondern vermittelst des Samens, welchen er aber nicht in der Frucht, sondern in der Blüte trägt.

[4.17] Die Durchsichtigkeit dieses Baumes rührt daher, weil sein Organismus, so wie er selbst, aus lauter viereckigen Röhrchen besteht, durch welche der ihm dienliche Saft emporsteigt. Denn sind die Organe rund, so kann da kein Strahl durchdringen, weil er in der runden Form so oft gebrochen wird; allein in dieser viereckigen Form erleidet der Strahl nur eine sehr geringe Brechung und kann daher fast auch ungehindert durchstrahlen. Und da all die Bäume dieses Planeten und vorzugsweise in diesem Land eine ganz glatt polierte Rinde haben, so glänzt die Fläche dieses für euch merkwürdigen Baumes so, als wie bei euch ein Spiegelglas; daher sich auch jeder Vorübergehende vom Kopfscheitel bis zur Sohlenspitze vollkommen besehen kann.

[4.18] Das ist nun wieder alles von diesem Baum. Erweckt auch da ein wenig eure Phantasie, so werdet ihr nicht gar zu schwer einzusehen anfangen, wie Ich auch ohne Städte und Paläste aus Menschenhänden verfertigt, eine Welt gar wohl zu schmücken verstehe. Und somit lasst es für heute gut sein. Alles Übrige von den Bäumen für ein nächstes Mal! Amen.

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