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68. Abergläubische Annahmen

Am 16. April 1847

[68.1] Eine dritte Art von sogenannten Visionen ist jene aus dem Heidentum herübergebrachte höchst dumme, abergläubische Annahme, nach der gewisse, ganz natürliche Erscheinungen irgendeinen prophetischen Zusammenhang haben sollen mit einem Faktum, das sich darum in der Zukunft ereignen solle. Ich habe zwar in der Hinsicht schon bei einer anderen Gelegenheit so manches gesagt; aber weil diese Sache eben zu den größten Albernheiten und daraus hervorgehenden Bosheiten gar nicht selten den Anlass gibt, so soll hier am rechten Platze ihre Scheußlichkeit noch einmal so recht vor die Augen gestellt werden.

[68.2] Es kann euch nicht unbekannt sein, zu welchen überaus und ganz unbegreiflich dummen Manipulationen manche Menschen ihre Zuflucht nehmen, um von der leidigen Zukunft, versteht sich von selbst ganz irriger Weise, etwas herauszuzwicken.

[68.3] Die ersten Narren davon sind die Kalendermacher, die, ohne einen Funken Weisheit zu besitzen, auf die lächerlichste Weise von der Welt die Witterung auf jeden Tag vorausbestimmen. Einige darunter datieren dieselbe nach gewissen, überaus läppischen und über die Maßen lächerlichen, sogenannten Lostagen. Was kann denn solch ein Lostag dafür, wenn nach ihm gutes oder schlechtes Wetter eintritt? O du eselhaftes Volk der Erde! Wer ist denn der Herr des Wetters, Ich oder der Lostag? Oder kann Mich wohl jemand für so unweise und blöde halten, dass Ich gewisse Tage im Jahr bloß zukünftiger Witterung halber geschaffen habe? Oder hat es nicht schon zu den Zeiten geregnet, geblitzt und gedonnert, gehagelt und geschneit, als die Menschen noch nicht von einem Maria Lichtmesstag, von den 40 Märtyrern, von Medardi, von der Margareta und von Portiunkula etwas gewusst haben? Wer machte diese Tage erst pro primo [zuerst] zu gewissen Festtagen? Die Dummheit der Menschen. Und wer hernach zu Lostagen? Die sehr übergroße Dummheit der Menschen.

[68.4] Haben aber diese Tage nicht Ähnlichkeit mit der Zeichendeuterei der Heiden und Juden, zu denen Ich gesagt habe, wie sie von der untergehenden und aufgehenden Sonne wohl erkennen, was für ein Tag darauf erfolgen wird, und sagte zu ihnen: „Du verkehrte Art! Die Zeichen des Himmels könnt ihr wohl beurteilen; aber die Zeichen dieser Zeit, die Zeichen, die Ich vor euren Augen wirke, diese erkennt ihr nicht.“

[68.5] Was Ich damals sagte, das sage Ich auch jetzt. Die Lostage beurteilen die Menschen und schließen daraus aufs zukünftige Wetter; aber den großen Lostag ihres Herzens kennen sie nicht, der ihnen das Hauptwetter ihres zukünftigen, ewigen Lebens enthüllen würde.

[68.6] Der Mensch aber würde nur dann erst recht handeln, so er die Witterungszustände seines Herzens mehr beachtete und in sich die Einsicht bekäme, dass darin fortwährend ein gar übles Wetter ist, welches wohl von den häufigen Lostagen herrührt, die da sind Spieltage, Festtage, Sauftage und fast alle Tage Hurentage, darauf Tunichtstage, hartherzige Tage, ehrabschneiderische Tage und noch eine Menge dergleichen lumpiger Lostage.

[68.7] Diese Lostage soll der Mensch berücksichtigen, so wird mancher dumme Sturm, Blitz, Donner, Regen und Hagelschlag, Schnee und Eis seines Herzens unterbleiben. Und wenn dergleichen Stürme und böse Gewitter im Herzen unterbleiben werden, so würde sich der Geist aus seinem Kämmerlein in die freie Welt des Herzens zu treten getrauen und würde der Seele den Lostag des ewigen Lebens verkünden. Solange aber im Herzen fortwährend allerlei böse Ungewitter toben, die aus den bösen, lumpigen Lostagen herrühren, da bleibt der Geist in seinem Kämmerlein, und der Mensch bleibt, was er war, bloß nur ein verächtliches Tier, das schwerlich je in den himmlischen Tierkreis aufgenommen wird.

[68.8] Also auf die Lostage, von denen das Wetter des Herzens abhängt, soll der Mensch Acht haben; aber Lichtmess, 40 Märtyrer, Margareta, Portiunkula und Medardi, die gehen niemand etwas an, denn das Wetter der Welt mache Ich ohne Lichtmess, Portiunkula und Medardi.

[68.9] Es gibt auch Kalenderfabrikanten, die ihr Wetter noch auf eine andere Weise vorausbestimmend zustande bringen; die rechnen so: „Der Winter ist so lang, der Frühling so lang, der Sommer ebenso lang, und der Herbst ebenso lang. Im Winter setzen wir sechzehnmal Schnee, und zwar zu den Zeiten, in denen nach Erfahrung es sonst noch allzeit geschneit hat. Den halben Frühling lassen wir auch noch einige Male den Schnee, Wind und Regen los; im Sommer gegen 20 Donnerwetter und etwelche Landregen, Hitze und manchmal auch Winde; den Herbst lassen wir noch 2 Donnerwetter auftreten, dann kalte Winde, Regen, Reif und zuletzt einige Male Schnee!“ – Das heißt doch recht: Quia mundus vult decipi, ergo decipiatur. [Weil die Welt betrogen sein will, deshalb wird sie betrogen.]

[68.10] Ich würde aber zu dergleichen Dummheiten eben nichts sagen, weil sie von keiner albernen Begründung herrühren; aber eben weil sie eine Prellerei sind, so kann es Mir nicht einerlei sein, ob solche dummen Wetterprophezeiungen dem Volk durch die Kalender verkündet oder nicht verkündet werden, durch welche Verkündigung das Volk in seinem Glauben von Mir abgelenkt und zum dummen Kalenderglauben hinübergeleitet wird. Denn da gibt es dann Menschen, die es dem Kalender so fest glauben, dass, wenn selber ein Wetter anzeigt, selbes so sicher kommen muss, dass sogar Ich dasselbe nicht abzuändern vermöchte. Was ist das für eine Frucht?

[68.11] Wieder gibt es andere Menschen, die die Kalendermacher entweder für eine Art Halbgötter oder für eine Art Zauberer oder wenigstens Schwarzkünstler halten, die mit gewissen Beelzebübchen oder Hexelchen in einer löblichen Verbindung stehen, die den Kalendermachern, wenn ihnen diese ihre Seele verschrieben haben, das Wetter auf jeden Tag voraussagen.

[68.12] Das ist ja auch wieder eine herrliche Frucht, welche die Menschheit, statt aufwärts zum Licht, schnurgerade abwärts zur Finsternis treibt. Also sollen die Kalendermacher in ihre Kalender das hineinsetzen, was sie mit ihrer Wissenschaft und mit ihrem Gewissen verbürgen können; aber mit dergleichen volksprellerischen Wetterindizien sollen sie fein daheim verbleiben! Und weil sie schon in dieser Hinsicht so sehr an den alten Ägyptern, Griechen und Römern hängen und ihnen ihre Zeichendeuterei als historisch, altertümlich Erhabenes vorkommt, da sollen sie sich auch den eben nicht schlechten römischen Sittenspruch auf sich beziehend recht tief einprägen, welcher Spruch also lautet: Quod licet Jovi, non licet bovi, d. h. auf gut Deutsch übersetzt: Über das Geschäft, das Sich Gott allein vorbehalten hat, soll sich der Ochs von einem Menschen nicht hermachen, besonders so lange nicht, als er ein purer fleischlicher Ochs ist und bleibt.

[68.13] Ich mache die Barometer zuschanden, die mit der atmosphärischen Luft näher verbunden sind als der Geist eines Kalendermachers samt seinem Kalender; um wie viel mehr wird dann erst der Kalendermacher samt seinem Kalender beschämt, besonders wenn er so dumm ist, schöne Osterferien zu prophezeien, und Ich sie dann weiß mache.

[68.14] Auf diese Witterungsvordeutung folgen dann noch eine Menge Narrheiten unter dem Titel: „Gegenmittel für die Witterung, oder: Mittel durch die man entweder in den Kalendern vorhergesagte Ungewitter, oder wenn dieselben auch schon wirklich herannahen, vertreiben kann“. Zu diesen Wettervertreibungsmitteln gehören primo loco [an erster Stelle] die sogenannten Wettermessen in der römischen Christenheit. Wenn Landpfarrer recht viel Wettermessen bezahlt haben wollen, so dürfen sie sich nur für den Fall mit einem Kalendermacher oder sonstigen Wetterpropheten ins gütliche Einvernehmen setzen, damit dieser recht viel Blitz und Hagel prophezeit; dann gibt es Wettermessen in Menge.

[68.15] Ein zweites Gegenmittel ist das sogenannte Feldersegnen, entweder von der Ortsgeistlichkeit, die aber freilich nicht so kräftig ist, oder von einem Bettelmönch, dessen Segen viel kräftiger sein soll.

[68.16] Ein drittes Gegenmittel, besonders gegen schon herannahende Ungewitter, ist hauptsächlich das sogenannte Wetterläuten, das eben jetzt wieder sehr in Schwung kommt, dann das Schießen mit geweihtem Pulver, dann das Rauchen mit den sogenannten Palmweiden, das Brennen geweihter Kerzen, das Aushängen des echten Tobiassegens, das Bespritzen der Felder mit Weihwasser und endlich, nebst manchen noch gemeineren Torheiten, das Aufstellen von ungeheuer hohen, rot angestrichenen Wetterkreuzen, an welchen sich die Wetterhexen anstoßen sollen und dann herabfallen.

[68.17] Welch ein schauderhafter Unsinn! Aber alles das rührt hauptsächlich von den Wetterpropheten her, die selbst für eine Art Hexenmeister gehalten werden, durch welches Dafürhalten der gemeine Mensch ganz davon abkommt, Gott für den Wettermacher zu halten und bei Ihm sich ein gutes Wetter zu erbitten; sondern er hält nun das Wetter rein für ein Hexenwerk, dem er bloß mit antihexischen Mitteln begegnen muss. Und da kommt es denn, dass ein Keil den anderen treibt und eine Dummheit die andere, aber gewöhnlich unter dem Titel: Omne ad majorem Dei gloriam! [Alles zur größeren Ehre Gottes!] Für diese Ehre aber bedanke Ich Mich; sie mag einst den ehernen, steinernen und hölzernen Göttern gemundet haben und mag noch jetzt den hölzernen, bronzenen, hie und da auch steinernen und zumeist gemalten Heiligenbildern munden, aber Ich schaffe nichts von solcher Verherrlichung.

[68.18] Seht, alles das gehört ebenfalls in das Reich der Visionen, aber wohl in das schmutzigste, und hat ebenso viel Realität als die Taschenkünste eines Eskamoteurs.

[68.19] Diese Art Visionistik hat aber das sehr bedeutende Schlimme, dass die in ihrem Herzen noch bessere Menschheit von dem Vertrauen auf Gott gänzlich abgeleitet wird und all ihr Vertrauen am Ende auf die Kalender, auf die Wettermessen, aufs Wetterläuten u. dgl. m. setzt; und das ist eine Wirkung der Hölle dann, welche auf diesem Weg die Gemüter nicht nur einzelner Menschen, sondern ganzer Völker in den schändlichsten Besitz nimmt und diese nicht selten zu den schändlichsten Ausartungen gegen ihre armen, unschuldigen Brüder verleitet und besonders in den früheren Zeiten verleitet hat.

[68.20] Und es ist nun eben wieder nahe daran, wenn es möglich wäre, ein Gleiches zu tun. Denn Hexengeschosse gibt es schon wieder, welche von der Geistlichkeit geduldet werden; aber Ich werde daran bald satt werden. Man soll wohl einem Volk Licht, aber nicht Finsternis geben; man gibt ihm aber Finsternis! Nur zu! Ich aber werde zu rechter Zeit den Völkern schon Selbst ein Licht anzünden, und diese werden sich dann bei den Finsternisspendern gebührend zu bedanken wissen.

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