Hier ist Dein Kapitel

38. Die erste Luftregion

Am 25. Februar 1847

[38.1] Die erste Region, welche natürlicherweise die unterste ist, nimmt eben da Platz, wo die naturmäßige atmosphärische Luft, in welcher Pflanzen, Tiere und Menschen leben, über der Erdoberfläche rastet. Das Geistige ist mit dem Naturmäßigen so eng verwebt, dass ein Weiser offenbar also reden müsste:

[38.2] „Ich finde in dieser ganzen untersten Luftregion nichts als Geistiges; nur was durch die geistige Aktion fixiert wird, entweder momentan oder sukzessiv, das allein hat das Ansehen des Naturmäßigen unter der formellen Erscheinlichkeit; im Grunde des Grundes aber ist dennoch alles vollkommen geistig.“

[38.3] Warum sagt man hier „geistig“ und nicht komplett „Geist“? Weil in dieser Region die geistigen, also auch seelischen einzelnen Spezifikalintelligenzen sich erst nach und nach ergreifen, vereinen und in eine ganze, vollkommene geistige Form wieder als komplett und als ein Wesen, seiner selbst bewusst, sich finden müssen.

[38.4] Wie ist denn dieses so ganz eigentlich zu verstehen? Ich sage euch, leichter, als ihr es meint.

[38.5] Überall ist für die komplette Vereinigung aller der geistigen Spezifika ein gewisses Zentrum gegeben. Dieses Zentrum ist der eigentlich engst gefesselte Urgeist oder der Liebesfunke aus Mir. Dieser zieht mächtig all dasjenige an sich, was seines Wesens ist; und möge dieses noch so zerstreut sein, so wird es sich gerade an jenes geistige Zentrum anfügen, zu dem es gehört, und wird, wenn auch von gleicher Qualität, bei jedem Zentrum andereigenschaftlich.

[38.6] Ein Beispiel wird euch die Sache vollkommen klarmachen.

[38.7] Betrachtet z. B. die Bildung eines Menschen oder mehrerer Menschen in einer Schule. Hundert Schüler haben einen und denselben Meister, sie lernen aus denselben Büchern, sie lernen alle nach einer Vorschrift schreiben, – und betrachtet sie hernach als Menschen, die in dieser Schule gebildet wurden, da werden nicht zwei die vollkommen gleiche Denkweise haben, nicht zwei die gleiche Schrift, und dergleichen Unterschiede mehr! Und doch war die geistige Bildungsspezifikalkost die gleiche; aber jeder Geist dieser Schüler hat von dieser allgemeinen Unterrichtskost sein eigenes, ihm zusagendes Spezifikum genau herausgefunden, ohne dass für diesen Zweck der Lehrer nur im Geringsten etwas beigetragen hat.

[38.8] Aus diesem Beispiel lässt sich nun ganz klar erschauen, wie ein jedes geistige Zentrum ganz genau aus der unendlichen Vielzahl der Intelligenzspezifika sein Eigentümliches findet, ebenso, wie das in einem jeden Samenkorn gegebene Zentralseelenspezifikum aus demselben Wasser, aus derselben Luft, aus derselben Erde, wie auch aus demselben Licht genau dasjenige findet und an sich zieht, was zu seinem Wesen gehört.

[38.9] Also konzentrieren sich die seelischen Intelligenzen um das ihnen eigentümliche geistige Zentrum oder sie strömen dahin, wo ihr geistiges Zentrum ist, ergreifen sich da zu einer intelligenten Form und eigenschaften sich nach dem Grundwesen ihres geistigen Zentrums, welches gewöhnlich im Menschen vor sich geht, weil das eigentliche geistige Zentrum erst in der Form des Menschen wieder gegeben wird.

[38.10] Auch ist das Wort ein gar treffliches Beispiel zur Beleuchtung dieser Sache.

[38.11] Ein Wort wird gegeben, und dieses Wort, wie es gegeben ist, zieht in dem Augenblick all dasjenige an sich, was zur Erfüllung seines Begriffs notwendig ist.

[38.12] Nehmen wir das Wort „Gebot“; dieses Wort ist ein Zentrum, zieht aber in dem Augenblick alles dasjenige an sich und vereinigt es ebenfalls sogleich in sich, was es vonnöten hat, um ein Gebot zu sein.

[38.13] Dass aber, um den Begriff „Gebot“ in eins aus den vielfachen Begriffen zu komplettieren, es etwas Außerordentliches ist und durchgehend keine so leichte Aufgabe, als sich jemand denken würde, das versteht sich von selbst; denn was gehört zu einem Gebot? Fürs Erste ein weises gebietendes Wesen, das eine große, in allen Dingen durchgreifende Einsicht hat, warum es ein Gebot gibt und wem. Zweitens muss ein freies Wesen da sein, begabt mit vieler Einsicht und damit gebundener Willenskraft, damit es das Gebot annehmen, verstehen und halten kann. Was gehört dazu, um ein solches Wesen zu erschaffen, und welche Eigenschaften muss der Schöpfer haben, um ein solches Wesen erschaffen zu können?! Drittens, das Gebot muss auch sanktioniert sein. Was gehört wieder dazu, um ein Gebot weise, gerecht und werktätig sanktionieren zu können?!

[38.14] Seht, was für eine unendliche Anzahl von Begriffen und Grundideen und Kräften mit dem einzigen Begriff „Gebot“ verbunden ist, so zwar, dass jemand sagen könnte: „Ja, wenn dieses Wort ‚Gebot‘ das alles als eigentümlich in sich schließt, was bleibt dann für ein anderes nicht minder vielbedeutendes Wort übrig?“

[38.15] Da kommt es eben jetzt zu der Haupterklärung. Jedes Wort bildet für sich ein gewisses geistiges Zentrum und zieht von einer und derselben Unzahl der Begriffe an sich und vereinigt dieselben ganz für sich eigens eigenschaftlich, sodass dieselben Begriffe sich in diesem Wort zu etwas ganz anderem qualifizieren müssen, als zu was sie sich in einem anderen, früheren Wort qualifiziert haben.

[38.16] Es ist nicht nötig, euch zu dem Behuf noch eine Menge Worte oder Begriffe herzusetzen, um diese Sache noch klarer zu machen, als sie es ohnedies schon ist; denn das könnt ihr euch selbst tun. Zu dem Begriff „Liebe“, „Tugend“, „Demut“, „Gott“ und dergleichen mehr, gehört ebenso viel als wie zum Gebot, und was im Gebot zu Gebot wird, dasselbe wird in der Liebe zur Liebe, in der Tugend zur Tugend, in der Demut zur Demut und in Gott zu Gott, – so wie dieselben Elementarspezifika im Klee zu Klee, in der Rübe zur Rübe, in dem Weinstock zum Weinstock usw. werden.

[38.17] Wenn ihr nun dieses jetzt Gesagte nur einigermaßen aufgefasst habt, so werdet ihr es kindleicht einsehen, ja sogar mit den Händen greifen, dass diese untere Region so ganz eigentlich und gewisserart die Reproduktions- und Wiedervereinigungswerkstätte des vereinzelten Geistigen und Seelischen in einen kompletten Geist ist und hat mit alldem die höchste Ähnlichkeit, was hier vor jedermanns Augen in die vegetative und produktive Erscheinlichkeit tritt, wo überall – wie sich jedermann überzeugen kann – aus endlos vielen Partikeln ein sonderheitliches Ganzes dargestellt wird. Kurz und gut, hier ist der Platz für die Aussaat, es ist der Acker, wo in einem jeden geistigen Samenkorn eine ganz eigentümliche Ideenassoziation in eine Form zusammengefasst wird, – oder es ist der Sammelplatz alles zerstreuten Seelischen um ein gegebenes, geistiges Zentrum.

[38.18] Da ihr nun dieses sicher und leicht aufgefasst habt, so wird es für die nächste Mitteilung ein Leichtes sein, sich in dieser Sphäre weiterzubewegen.

TAGS

CATEGORIES

Erde und Mond

Kein Kommentar bisher

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.

Letzte Kommentare