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98. Henoch vertreibt Muthael die Begierde des Fleisches, wodurch sich dieser schlagartig ändert

Am 19. August 1843

[3.98.1] Als aber die Purista wieder bei ihrem Herd beschäftigt war und der Lamech nun nüchterner- und gefassterermaßen so manches triftige Urteil über sie zur Gesellschaft der Väter ergehen ließ und mit seinen Bemerkungen noch kaum zu Ende war, da trat auf einmal wie von Sinnen der Muthael in die Hütte, sah den Henoch, ging dann nachdenkenden Schrittes vor ihn hin und starrte ihn an, ohne ein Wort zu reden.

[3.98.2] Der Henoch aber hob alsbald seine Rechte auf und sprach: „Höre, du stumme Begierde des Fleisches, die du arg gefangen nahmst diesen Menschen, der da mit der Verheißung Gottes erfüllt ist, ich gebiete dir in der Macht des Herrn in meiner Brust, dass du alsbald verstummst und weichst von diesem, den Gott berufen hat!“

[3.98.3] Hier erwachte Muthael plötzlich wie aus einem tiefen Schlaf und sprach: „O Gott, mein heiliger Vater! Wo bin ich denn nun? Was ist mit mir vorgegangen? Bin ich es wohl noch, der ich war? Wache ich, schlafe ich, oder träume ich nun?

[3.98.4] Mir kommt es dunkel ahnend vor, als wäre ich der Purista wegen mit großer Leidenschaft hierher geeilt; und siehe, die Purista steht hier neben mir nun und ist mir so gleichgültig wie etwas, das gar nicht da ist! Wie ist doch solches möglich?

[3.98.5] Ich weiß es ja und erinnere mich jetzt recht gut, dass ich sie nach der Verheißung mit der glühendsten Liebe habe zu erfassen angefangen; nun aber strahlt allein die Verheißung nur noch wie ein Abendstern in der ersten Dämmerung in meiner Brust, da sie ist ein Wort des Vaters! Alles andere aber ist verschwunden für mich! Wie, wie doch ist so plötzlich solche Veränderung in mir vorgegangen?!

[3.98.6] O Henoch, ich gestehe es dir ganz offen, da ich nun wohl weiß, warum ich jetzt so ganz eigentlich hierher kam, und warum ich gestern schon sehr früh auf die Höhe geeilt bin, dass mir nun die ganze Erde mit allen ihren Bewohnern um eine hohle Zwergnuss feil ist!

[3.98.7] Der Vater ist mir nun alles in allem, alles andere aber ist mir ein reines Nichts! Auch du, Henoch, bist mir nur in so weit etwas, als du die ausschließende Liebe zum Vater in deinem Herzen birgst; sonst aber bist du mir gleich den anderen Dingen, die da nur pure Geschöpfe sind, und gleich der Purista, als wärest du gar nicht!

[3.98.8] Denn ich erschaue nur allenthalben die erhaltende und stets neu schaffende Liebemühe und Sorge und Arbeit des Vaters. Darum kann ich die Dinge und Geschöpfe nun nicht lieben, die dem heiligen Vater Mühe machen; denn ich liebe ja Ihn nur!

[3.98.9] Ich selbst wäre lieber nicht, als ich bin, weil auch ich dem Vater Mühe mache; aber so ich nicht wäre, dann könnte ich Ihn ja auch nicht lieben, – Ihn, der da die höchste Liebe Selbst ist! Desgleichen müsst aber ja auch ihr sein, damit ihr den Vater lieben mögt!

[3.98.10] O Vater, wie war es denn doch möglich, dass ich auch nur einige Augenblicke lang diese Purista nahe mehr zu lieben vermochte denn Dich, Du heiliger Vater?!“

[3.98.11] Diese Worte schlossen den Mund Muthaels. Alles aber verwunderte sich ganz entsetzlich über diese Veränderung Muthaels.

[3.98.12] Die Purista fing an, heimlich zu weinen, und verwünschte den vom Henoch bezeichneten Blick, mit dem sie dem Muthael eine solche Wunde versetzt hatte. Denn sie sah nun den, den ihr Herz heimlich liebte, für verloren.

[3.98.13] Der Adam wusste gar nicht, mit welcher Frage er zuerst zum Vorschein kommen sollte.

[3.98.14] Der Lamech der Tiefe sah auch ganz verblüfft in die Sache und sagte zum Henoch: „Bruder, bei der gegenwärtigen Gestalt der Dinge werde ich, wie es mir vorkommt, mit diesem Mann eben nicht zu viel zu reden bekommen!“

[3.98.15] Der Henoch aber entgegnete ihm: „Lasse es nur gut sein! Erst wenn da das Blatt völlig gewendet sein wird, wirst du, als am rechten Platze, in die große Menge zu reden bekommen; für jetzt aber lassen wir diese Sache nur gut sein! Denn nun muss hier die Purista dem Muthael kommen und muss an ihm das wieder gutmachen, was sie ehedem, wennschon mehr willenlos, an ihm verschlimmert hatte! Also will es der Herr! Daher lassen wir die Sache bis dahin nur gut sein und gehen den Weg der göttlichen Ordnung! Amen.“

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