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75. Henochs Rede über das Leben des Geistes und dessen Kampf gegen die Materie

Am 11. Juli 1843

[3.75.1] Als der Henoch aber solchen Wunsch vom Vater vernommen hatte äußerlich wie innerlich, da erhob er sich alsbald und fing an, vor den Lamech hintretend, also zu reden:

[3.75.2] „Bruder Lamech, gar wichtig und überaus bedeutungsvoll sind die Worte, welche da zu dir geredet hat der Geist Zuriels nach menschlicher Weise, und ich kann dir kein besseres Wort geben in dieser Sphäre!

[3.75.3] Aber ich weiß, was es ist, so der Geist spricht in menschlicher Weise; du aber weißt es nicht, da du noch an der Zunge und nicht am Geiste klebst.

[3.75.4] Und so will ich denn aus dem allerheiligsten Willen unseres gar so lieben heiligen Vaters dich von der Zunge in den Geist überheben und gar sanft übertragen, allwo du dann selbst schauen und greifen sollst können, wie das Leben im Geiste sich artet! Darum denn höre mich an in deinem Herzen!

[3.75.5] Siehe, wenn zwei Winde gegeneinanderziehen, da einer so stark ist wie der andere, so wird dadurch in der Luft das Gleichgewicht hergestellt und es herrscht dann wohltätige Ruhe auf der Erdoberfläche, die Luft wird heiter und rein, und der Sonne Strahl kann ungehindert das Land erleuchten und erwärmen mit ungetrübtem Licht.

[3.75.6] Wenn aber nach dem Gleichstand ein Wind sich unversehens verstärkt und sein Gegner schwächer wird, dann fängt alsbald der mächtigere an, gewaltig vorzudringen, und drängt und reißt dann auch sogestalt den schwächer gewordenen Wind schonungslos mit.

[3.75.7] Solange aber der schwächere Wind hie und da Versuche macht, des mächtigeren Meister zu werden, so lange auch muss er sich gefallen lassen, vom mächtigeren gedrängt, gedrückt und endlich doch besiegt zu werden; ergibt er sich aber sogleich, so hat dann alles Drängen und Drücken aufgehört, aber dadurch auch der Für-sich-Bestand des schwächeren Windes!

[3.75.8] Du sagst nun bei dir: ‚Ja, warum aber lässt der Herr solches geschehen? Ihm, dem Allmächtigen, wäre es ja doch auf die leichteste Art möglich, solchen Kampf zu verhindern!‘

[3.75.9] Da hast du wohl recht; denn bei Gott sind alle Dinge gar wohl möglich. Aber, so Er nicht zuließe, dass sich die Kräfte selbst gegenseitig ankämpften, so würden sie am Ende erschlaffen und würden dann also tot dahinliegen wie die Steine der Gebirge, welche an und für sich auch nichts sind als solche Kräfte, aber im höchsten Grad gerichtet und gebunden, und sind somit regungslos und darum vollkommen tot und haben keine Empfindung.

[3.75.10] Siehe, also ist auch das Leben des Menschen! Es weht in seinen Organen hin und her. Der Geist weht in der Materie und will dieselbe mit sich reißen; die Materie oder die Welt weht in der Materie als das Blut und die anderen feineren Säfte, und diese wehen in den Geist und wollen ihn mit sich fortreißen.

[3.75.11] Ist der Geist mächtiger als die Materie, so drängt er diese und macht sie ihm vollends dienstbar; ist aber die Materie der Sieger über den Geist, so geht der Geist unter, leidet als das Leben schwer und überaus schmerzlich, die drückende Last des Todes der Materie fort und fort tragend, und das ist dann der geistige Tod.

[3.75.12] Wäre aber der Geist in solchem Tode empfindungslos, so wäre er dadurch aber dann auch für ewig rettungslos verloren; aber die stets zunehmende schmerzliche Empfindung des Druckes zwingt ihn, sich fortwährend zu wehren und gegen die Materie anzukämpfen. Dadurch aber wird seine Kraft geübt und stets mehr gestärkt.

[3.75.13] Und so kann er durch die Länge der Zeit auch noch ein vollkommener Sieger über seine Materie werden und kann auf diese Weise in die Freiheit des ewigen Lebens gelangen, gleichwie die Materie des Steines mit der Zeit durch die in ihr ruhende und leidende Schwere erdrückt wird und wird endlich genötigt, der Schwere im aufgelösten Zustand zu weichen, allwann dann diese Kraft wieder frei wird und eins mit der allgemeinen Kraft, der da alle Materie unterworfen ist, welches auch beim Wind der Fall ist, da der Besiegte doch endlich wieder Sieger über den früheren Sieger wird.“

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