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23. Lesung und Erklärung von Jesajas 9,5-6 durch den römischen Richter

[23.1] Hier schob Mir der Oberpriester das Buch zu und sagte: „Da lese es selber, und überführe Dich!“

[23.2] Ich nahm das Buch und gab es dem Richter, ihm die laut zu lesenden Stellen anzeigend, und ersuchte ihn, selbe auch laut lesen zu wollen, auf dass da niemand sagen könne, dass Ich die Texte zu Meinen Gunsten gelesen hätte. Das konnte der Richter umso leichter tun, da er in den meisten orientalischen Zungen sehr wohlbewandert war und namentlich die althebräische Schrift um vieles besser zu lesen verstand als alle Templer zusammen.

[23.3] Der Richter nahm freudig das Buch und las daraus, wie da folgt: ‚Uns ist ein Kind geboren, ein Sohn ist uns gegeben, dessen Herrschaft auf seiner Schulter ist; und er heißt Wunderbar, Rat, Kraft, Held, Ewig, Vater, Friede, Fürst, auf dass seine Herrschaft groß werde und des Friedens kein Ende auf dem Stuhl Davids und seinem Königreich, und dass er es zurichte mit Gericht und Gerechtigkeit von nun an bis in Ewigkeit! Solches wird tun der Eifer Zebaoths!‘ Hierauf fragte der Richter den Oberpriester, ob die Texte also gut gelesen wären.“

[23.4] Der Oberpriester bejahte das mit einer großen Verbeugung.

[23.5] Darauf fuhr der Richter fort, in Meinem Namen zu reden, und sagte: „Da habt ihr aber nach meiner Ansicht ja gerade eine Stelle aufgesucht, die meines Erachtens wie kaum eine andere auf ein Haar genau auf diesen jungen und weisen Knaben passt!

[23.6] Wie eine Jungfrau einen Sohn gebären und den sie Emanuel heißen werde, das haben wir – wenigstens zu einer subjektiven Einsicht – derart erörtert, dass es bei mir nun nicht mehr dem allergeringsten Zweifel unterliegt, dass dieser Knabe eben der von dem Propheten vorbezeichnete Sohn der euch nach eurem höchsteigenen Geständnisse wohlbekannten Jungfrau, glaube, namens Maria ist.

[23.7] Und so ich mich nicht irre, so ist mir bei einer Gelegenheit von dem Hauptmann Cornelius erst vor gar nicht langer Zeit von jener wunderbaren Geburt eines Knaben zu Bethlehem in einem leeren Schafstall — ob Mangel an besseren Herbergen — erzählt worden, und zwar mit einer großen Begeisterung und innigsten Teilnahme am damals höchst misslichen Schicksal jener denkwürdigen Familie, und dass er sich schon oft darum erkundigte, aber seit deren Abreise von Ägypten nichts von ihr zu erfahren imstande war! Leider hat er sich nun in Staatsgeschäften nach Tyrus begeben müssen, sonst säße er ganz sicher hier!

[23.8] Also, was die prophezeite Geburt dieses Knaben betrifft, so wären wir darüber im Reinen, und es kann da vor dem Forum der ganz gesunden und reinen Vernunft durchaus kein Kontra mehr geben!

[23.9] Nun das, dass er Butter und Honig essen werde, um hernach zu verstehen und zu erwählen das Gute und zu verwerfen das Böse, kann ich mir nach der altägyptischen Weise nur als eine Entsprechung denken, die vielleicht – nur nach meiner Ansicht geurteilt – so viel sagt als: Er wird erfüllt sein mit aller Liebe und Weisheit und wohl erkennen das wahre, reine Gute und das entschiedene Böse!

[23.10] Dass er wie gar kein Weiser und Gelehrter der ganzen Welt das vermag, davon hat er mir gerade vorhin den klarsten Beweis vor euch allen abgelegt, und so hat er des geistigen Honigs und der Butter sicher die größte Menge in sich, wie er das auch euch Weisesten des Tempels schon zur Genüge gezeigt hat, und wie ihr gar vieles bei ihm noch erlernen könntet – aber er von und bei euch sicher nichts! Und das dürfte doch hinreichend anzeigen, wie viel Honig und Butter er schon bis jetzt zu sich genommen haben müsse!?

[23.11] Das alles aber bezeugt umso klarer, dass er eben der von dem alten Propheten vorhergesagte und von einer Jungfrau geborene Sohn Emanuel ist und fortan keine Jungfrau je mehr einen solchen Sohn auf dieser Erde gebären wird!

[23.12] Ich habe im ganzen großen römischen Kaiserreich noch nie einen Sohn von zwölf Jahren kennengelernt, der dem – abgesehen von seinen unbegreiflichen Wundereigenschaften – nur in einem allerentferntest annähernden Maße gleichkäme, und so glaube ich, dass die zweite, von euch selbst uns vorgelegte Textierung des Propheten ebenso haargenau auf ihn passt wie die erste, die er euch gleich anfangs als eine sogenannte Vorfrage aufstellte.

[23.13] Ja, in ihm ist uns wahrlich ein Kind aller Kinder geboren und ein Sohn aus dem Schoße der Götter wie wir Römer zu sagen pflegen – uns sterblichen Menschen gegeben, dessen unbegreifliche Herrschaft er selbst wahrlich nur auf seinen höchsteigenen Schultern trägt, und keines Helfers bedarf!

[23.14] Der Prophet bezeichnete durch die aufgeführten Namen offenbar nur dessen Eigenschaften, und sagt es selbst, ob ihm da nur eine mangelt!

[23.15] Ist er nicht wunderbar in seinem Verstand, in seiner Rede und in seinen Taten?!

[23.16] Welcher Weise der Erde kann mir einen noch weiseren Rat erteilen als dieser wahre und allerreinste Göttersohn?!

[23.17] Dass er eine wahre Allkraft in jeder Beziehung – sei es Geist oder Materie – besitzt, daran wird hoffentlich auch niemand zweifeln, der ihn reden gehört und handeln gesehen hat!

[23.18] Durch seinen allerunerschrockensten Mut gegen euch bekannt allerhochmütigste Priester, die ihr euch schon über alle Götter weit hinaus preisen und anbeten lasst, hat er sein unerschrockenes Heldentum auch hoffentlich klar genug an den Tag gelegt!

[23.19] Wie sein Geist ein notwendig ewiger und eins mit dem Geist Gottes ist, hat er vor euch auf eine so begreifliche Weise mit wenigen Worten bewiesen, dass man wahrlich mit der Blindheit aller Nächte, die je auf der Erde bestanden haben, geschlagen sein müsste, um da nicht gleich auf den ersten Augenblick zu verspüren, von wo dieser Wind her zu wehen anfängt!

[23.20] Dass er ferner allein den Menschen den wahren, lebendigen inneren Frieden geben kann und er daher auch allein nur ein wahrster Fürst aller Fürsten der Erde ist und einen Frieden den Menschen geben kann auf dieser Erde wie kein anderer Fürst, das habe ich bereits empfunden!

[23.21] Er allein kann das alte Seher- und Erkenntnisreich Davids, das von euch schon lange zerstört wurde, wieder lebendig aufrichten und eine Herrschaft gründen, der alle Fürsten der Erde trotz ihrer Zepter und Kronen für ewig untertan sein werden; denn das Reich der hellsten Erkenntnis ist und bleibt stets das mächtigste auf der Welt und kann von keiner Nacht-Macht je völlig unterjocht werden. Wo aber Licht ist und dessen alles durchschauende Wirkung, da ist auch ein rechtes Gericht und die vollste und offenste Gerechtigkeit!

[23.22] Am Ende heißt es noch: ‚Und solches wird tun der Eifer des Herrn Zebaoth.‘ Wer sonst als der diesen Knaben durch und durch erfüllende Geist Gottes ist eben der Herr Zebaoth selbst – ein Etwas, das ich auf den ersten Augenblick heraushatte! Wie denn ihr nicht, da euch das doch offenbar mehr angehen sollte denn mich, einen Heiden?!

[23.23] O Götter und o Orakel der ganzen Welt zusammen! Wie entsetzlich schlecht müsst ihr sein, dass ihr das nicht auf den ersten Blick einsehen und fühlen mögt, von wo da der Wind zu wehen angefangen hat! Ich, ein Heide, muss euch das sagen, dass es so ist!

[23.24] Was würde wohl jener Prophet, der solche Weissagung niedergeschrieben hatte, zu eurem allerfinstersten Starrsinn sagen, so er wieder aufstünde und vor euch hinträte?

[23.25] Wandelt euch denn nun keine Scham an, so ihr nun gar so dumm und blind dasteht vor den Augen dessen, dessen Wille allein euch das faule, selbstverschuldet schlechte Leben und seine finstere Herrschaft belässt?! Könnte er mit euch nicht eben ein gleiches Manöver machen wie gestern mit dem fertigen Esel und mit dem großen Stein?!

[23.26] Da denken die noch in alle Welt hinaus nach, was da etwa Rechtens wäre – entweder vor einem Gott, den sie nicht kennen und auch nie an ihn geglaubt haben, oder vor der Welt, von der sie alle sehr fett geworden sind und noch fetter zu werden gedenken –, und ein allerwahrster Gott steht vor ihnen, ausgerüstet mit allen Eigenschaften, die sich die menschliche Phantasie nur je von einem Gott hatte vorstellen können, natürlich in der allererhabensten Art und Weise.

[23.27] Jetzt möchte ich von euch alten Dummköpfen denn doch erfahren, wie ihr euch denn einen Gott vorstellt? Einen Begriff müsst ihr euch von Ihm ja dennoch machen!? Redet – denn nun gebiete ich euch, dass ihr mir antwortet!“

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