Am 5. August 1847
[4.1] Ein Stutzer, früher Tod und letzte Stunde desselben, der außer Tabakrauchen, Spielen, Fressen, Saufen und Courmachen aller schönen weiblichen Welt und vortrefflich Tanzen nebst Walzerspielen auf einem Flügel – eben dieser schönen Welt zuliebe – nicht viel konnte, obschon er fast seine ganze Zeit auf dem Collegium und Universitäten zugebracht hatte. Unser vorgeführtes Exemplar eines Stutzers war der Sohn von ziemlich reichen Eltern, die diesen ihren hoffnungsvollen, über die Maßen verzärtelten Sohn natürlich nichts anderes als studieren ließen, sobald er nur das ABC aus der Hand gelegt hatte.
[4.2] Damit es aber dem zarten Knäbchen beim schweren Studieren der lateinischen Sprache doch ja nicht gar zu schwer geschehen sollte, so ward er fürs Erste in ein Kosthaus gegeben, damit er gehörig zu essen haben und natürlich auch wachsen solle, aber freilich nicht an Weisheit und Gnade vor Gott und den Menschen, sondern bloß nur am Leibe. Und dass ihm das angestrengte Studieren ja nicht etwa eine Abzehrung an den Hals zöge, so durfte er jedes Jahr repetieren, falls er es nicht so weit bringen konnte – natürlich mit der leichtesten Mühe –, eine Schule in einem Jahr durchzumachen. Zu dem Behuf wurden auch die Professoren zu jeder Zeit, besonders in den unteren Schulen, auf das Gehörige gespickt und für jeden Gegenstand ein sanftmütiger Instruktor aufgenommen.
[4.3] Auf diese Weise rutschte unser Student wohl mit genauer Not durch die unteren Schulen; nur in den Kopf ist ihm auf diese Art wenig oder nichts hineingerutscht. Die Folge davon war, dass er in den höheren Schulen dann fortwährend steckenblieb. Und da ihn gewöhnlich das Studieren anekelte, so verlegte er sich danebst hauptsächlich auf die oben angeführten Freikünste, nämlich aufs Tabakrauchen, Spielen, Fressen, Saufen etc.
[4.4] Nach zurückgelegten Studien und überall mittelmäßig gemachten Prüfungen versuchte er sich in den Kanzleien zwar, aber die Papier- und Tintenluft mundete ihm nicht; er bekam von seiner Mutter ja stets so viel Geld, dass er sich auch ohne Kanzlei ganz kavaliermäßig durchbringen konnte. Anbei machte er fürs Erste allen noblen Mädchen den Hof und einer nach der anderen Heiratsanträge, wodurch es dann auch geschah, dass aus lauter Hoffnungmacherei auf verheißene Heiraten recht viele von ihm angebetete Holde in die wirkliche „Hoffnung“ ohne Heirat kamen.
[4.5] Nebst diesen mit blinden und dadurch, wie bemerkt, sehr oft mit freilich sehr unangenehmen, dafür aber lebendigen Hoffnungen dotierten Holden verlegte unser „Staatsmann“ fürs Zweite sich aber auch auf andere weibliche Wesen, die er, ohne ihnen zuvor das Heiraten zu versprechen und Hoffnung zu machen, allzeit um einen leichten Sold haben konnte und nicht zu fürchten hatte, dass diese Grazien von ihm dadurch in eine gewisse andere Hoffnung versetzt werden könnten.
[4.6] Aber dabei geschah es denn auch nicht selten, dass er mit der Syphilis in allen Graden zu tun bekam und am Ende so stark, dass selbst die erfahrensten Ärzte auf diesem Felde ihm weder Rat noch Hilfe schaffen konnten. Allgemeine Vertrocknung der natürlichen Lebenssäfte war die Folge solch teuer stutzerischer Lebensweise, für welche Übel Ich, der Herr, leider bei der Welterschaffung rein vergessen habe, ein heilend Kräutlein zu erschaffen. Daher sich denn auch unser Stutzerchen, ob er wollte oder nicht, zum Sterben bereitmachen musste. Freilich eine sehr unangenehme Erscheinung für einen die Welt mit ihren süßen Venusfreuden überaus liebgewonnen habenden Fashionablen. Doch es ist schon einmal so, dass da alles den Weg des Fleisches wandeln muss. Und so musste am Ende dieser Stutzer, der am Fleisch seine größte irdische Seligkeit hatte, ja umso mehr den so ganz eigentlichen „Weg des Fleisches“ wandeln.
[4.7] Seht aber nun hin auf sein stinkendes Lager, wie er sich krümmt und bäumt und nach Luft und Wasser lechzt; aber er bringt keines mehr in den Magen, indem alle seine Schlundsehnen ausgetrocknet sind und nicht mehr vermögen, auch nur einen Wassertropfen in den Magen hinabzuziehen! Sein Atem ist kurz und sehr schmerzlich, da die Lunge schon nahe ganz vertrocknet ist. Also ist auch seine Stimme ganz gebrochen; nur kurze, gelähmte Halbworte kann er noch unter großen Schmerzen ausstoßen, und da gleicht der Ton dem eines schlechten Fagotts in den Händen eines Schülers. Er möchte wohl noch stutzerisch fluchen und möchte am Ende wohl gar auch noch einige gelehrte Phrasen aus Voltaire oder Sir Walter Scott herstammeln; aber die allgemeine Trocknis lässt sowas nicht ausführen, und die starken Schmerzen in allen Lebenswinkeln lassen ihm auch nicht Zeit, seine Gedanken zu dem Behuf noch einmal wie auf einen Punkt zusammenzubringen. Daher liegt er stumm röchelnd da, nur manchmal stößt er einen gellend schnarrenden Fagott-Ton aus seiner ganz vertrockneten Kehle.
[4.8] Seht, so gestaltet sich häufig das Ende solcher Wüstlinge diesseits! Da wir aber bei diesem Stutzer diesseits auch nichts mehr zu betrachten haben, da ihm, wie ihr zu sagen pflegt, der Tod schon für die nächste Minute auf der Zunge sitzt, so wollen wir uns sogleich nach jenseits wenden und sehen, wie da unser Mann einrücken wird.
[4.9] Seht, da ist sein Lager gleichwie das auf der Welt! Noch liegt er gleichgestaltig auf demselben. Aber zugleich erseht ihr an seinem Lager nur einen Engel mit der Brandfackel in der Hand, um mit deren geistiger Flamme des Stutzers letzte Lebenssafttropfen zu vernichten!
[4.10] Bei solchen Menschen erscheint darum nur ein Engel, weil in ihnen Seele und Geist völlig wie tot sind. Nur der Würgengel, der übers Fleisch und über den Nervengeist gesetzt ist, hat hier das zu tun, dass er nämlich das Fleisch und den Nervengeist möglichst stark peinige und brenne, auf dass er dadurch die seelischen zerfetzten Reste und in selben den ebenso zersplitterten Geist in den Nervengeist zurücktreibe – und auf diese Art den also sterbenden Menschen vor dem ewigen Tod bewahre!
[4.11] Er wird (der Engel nämlich) bei diesem Menschen auch nichts reden, sondern wird ihn lediglich mit seiner Fackel aus der naturmäßigen in diese Geisterwelt hinüberbrennen, was gewöhnlich bei solchen Menschen zu geschehen pflegt und auch geschehen muss, weil sie ohne solche letzte Gnadenmanipulation um das ganze Dasein kämen.
[4.12] Dieser Akt ist gleich dem entstellten heidnischen des Prometheus. Denn die geistigeren Urmenschen sahen dergleichen Verrichtungen in der Geisterwelt, die damals aber freilich unaussprechlich viel seltener vorkamen als in dieser (jetzigen) weit über Sodom und Gomorra sinnlichen Zeit. So erhielten sich davon denn aber auch noch Sagen, aber nach ein paar tausend Jahren über die Maßen entstellt.
[4.13] Hier aber stellt sich auch wieder derselbe Prometheus vor – in seinem eigentlichen, unentstellten Wirken. Aber seht, nun hat der einsame Engel sein Werk gut beendet; das geistige Fleisch unseres Stutzers ist hier ersichtlich durch und durch zu Asche verbrannt, und seht, aus der Asche erhebt sich ganz langsam und träge – nicht etwa ein herrlicher, verjüngter Vogel Phönix, o nein, sondern – seht – nur ein dummer Affe, aussehend wie ein alter Pavian! Er ist ganz stumm, nur etwas sehen kann er.
[4.14] Die Tiergestalt hat darin ihren Grund, weil solche Menschen durch ihr wüstes Leben die feineren Menschenseelen-Spezifikalpartikel rein vergeuden durch ihre Wollust und nur die gröberen tierischen noch als traurigen Rest behalten. Bei dem ist doch noch wenigstens die Affenseele geblieben. Aber da gibt es andere, die bis zu den scheußlichsten Amphibien sich ganz verpfuschen!
[4.15] Bei diesem Menschen lässt sich nun auch das „Wasser seines Lebens“ noch nicht bestimmen; denn der muss jetzt, wie ihr zu sagen pflegt, „auf die Weide“ und wird Geistern übergeben, die über solche entartete Tierseelen gesetzt sind. Vielleicht bewirken sie mit allem Fleiß in hundert Jahren, dass diese Seele wieder zur menschlichen Gestalt kommt.
[4.16] Mehr lässt sich nun von dieser Seele nicht beschreiben; daher nächstens ein anderes Exempel.
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