Am 15. Mai 1843
[3.38.1] Der Lamech dankte dem Henoch aus dem tiefsten Grunde seines Herzens für diese Lehre und gute Ermahnung und sprach dann zu den Seinen:
[3.38.2] „So kommt denn zu mir, und fürchtet euch nicht; denn ich weiß es ja, dass es der Herr in eure Herzen gelegt hat, dass ich nicht mehr zu fürchten bin!
[3.38.3] Denn des Herrn endlose Erbarmung hat mich umgewandelt und hat aus mir, dem ehemaligen Wüterich und Gräueltäter aller Art, aus mir, dem doppelten Brudermörder, ein Lamm, einen sanften Führer der Menschheit gemacht!
[3.38.4] Daher kommt zu mir und fürchtet euch nicht vor mir; denn ich bin nun da, um mit der gnädigsten Hilfe des Herrn die begangenen Gräuel an der Menschheit dadurch einigermaßen wieder gutzumachen, dass ich sie, die noch Lebenden, leite und führe auf die Wege des Herrn!“
[3.38.5] Auf diese überaus aufrichtige und gemütliche Einladung und Bekennung fassten erst die Seinen den vollen Mut und gingen hin zum Lamech, umarmten und grüßten ihn, dabei aber den Herrn hoch lobend und preisend ob solch großer Gnade und Erbarmung, die Er an dem Lamech so großherrlich bezeugt hatte und dadurch auch an der ganzen Tiefe.
[3.38.6] Diese Erkennung brachte den Lamech zum Weinen, und er dankte dem Herrn abermals mit dem gerührtesten Herzen.
[3.38.7] Der Henoch aber sah solch große Erhebung der Herzen zu Gott und sprach darob im Geheimen zum Lamech der Höhe:
[3.38.8] „Mein Sohn, da sehe hin, das ist die rechte Art, dem heiligen Vater ein wohlgefälliges Opfer darzubringen! Hast du aber solches je auf der Höhe gesehen in solch tiefster Innigkeit?
[3.38.9] Ja, auf der Höhe gab es ehedem wohl eine heilige Zeremonie für die Bestechung der Sinne und für die Tötung des Geistes. Aber die lebendige, stille Zeremonie des Herzens, wie du sie nun hier siehst, diese ist auf der Höhe noch gar wenig gefeiert worden! Und wir heißen doch ‚Kinder Gottes‘, während diese da ‚Kinder der Welt‘ heißen!
[3.38.10] Es ist wahr, während der Vater unter uns wandelte sichtbar und uns gar endlos größte Beweise von Seiner Liebe, Gnade und Erbarmung gab, da waren auch viele zerknirschten Herzens und lobten und priesen Ihn als den allerliebevollsten, heiligsten Vater; als Er aber unsichtbar wurde, da rannten gar viele davon, als wäre unter uns gar nichts Besonderes vorgefallen! Wie kommt dir dieser Unterschied vor?“
[3.38.11] Der Lamech der Höhe sprach: „O Vater Henoch, das ist ein gar gewaltiger Unterschied, und ich muss es offen bekennen, mir ist der heilige Vater auf der Höhe kaum je so erhaben vorgekommen wie jetzt bei diesem Anblick!
[3.38.12] Oh, wie weit stehen wir im Grunde zurück vor diesem! Ein um wie vieles größerer Lamech ist dieser hier in der Tiefe, als ich es bin auf der Höhe!
[3.38.13] Dem gab der Herr nur Geringes, es ist im Grunde nur Weltliches, und er dankt dem Herrn darum, als hätte er schon alle Himmel überkommen; mir aber gab der Herr das Herrlichste nach Seinem Zeugnis und das Größte nach Seinem Wort, und wie gering war dafür mein Dank und meine Liebe gegen das, was da dieser Lamech tut!“
[3.38.14] Es erwiderte ihm aber der Henoch und sagte: „Ja, mein Sohn Lamech, jetzt hast du die vollste Wahrheit geredet! Also ist es bei uns allen auf der Höhe; wir sind dem Vater als Seine Kinder für Unendliches weniger dankbar als diese da für Endliches!
[3.38.15] Aber lasst uns jetzt ziehen in die Stadt; dort erst sollst du Wunder der Liebe und Dankbarkeit gegen Gott sehen, die da alles bis jetzt Gesehene überbieten sollen! Für Sonnenstäubchen wirst du dankbarere Herzen finden, als auf der Höhe für Sonnen! Und so lasse uns ziehen in die Stadt! Amen.“
[3.38.16] Hier ermannte sich auch der Lamech der Tiefe und folgte gar demütigst und dankbarst dem Henoch mit den wieder erhaltenen Seinen.
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