Ihr meint öfter, und der Meinung seid ihr oft, dass Meinen so ein halbes Glauben sei. Ihr irrt euch aber allzeit, so ihr da die Meinung zur Idee und als ein Dafürhalten achtet. Denkt, wie unrichtig müsst ihr manchen Sinn erfassen, und wie sinnlos manchen Satz verfassen, so ihr denkt: Meinen sei soviel, als ohne Prüfung irgendein verworrenes Urteil von sich geben – oder so die äußeren Umstände nur Wahrscheinliches verbürgen, seht, so denkt ihr in eurer unbegriffenen Meinung, nah der Wahrheit auf der Spur zu sein.
Doch hört, dieser Meinung bin Ich durchaus nicht! Ja, denkt nur ein wenig nach und leitet dieses Wörtlein richtig ab, so werdet ihr leicht doch finden, wo und wie die kleine Zungenpflanze ist gewachsen. Kann sie je vom Glauben hergekommen sein als halbgereifte Frucht? O ja, vom Menschenglauben wär’s wohl möglich, die da glauben, was dem Eigensinn schmeichelt und in eigener Idee die Wahrheit wähnen oder sie am Ende dafür halten, als wenn Wahrheit dann nur Wahrheit wäre, so auf eigenem Grund und Boden sie gewachsen ist. Doch solchen Glauben, solche Wahrheit kann das reine Herz nicht brauchen; sondern redlich nehmen gute Gaben, gute Sagen, und dann wieder redlich geben echte Früchte, echte Liebe, echte Wahrheit.
Seht, meinen aber kommt her von mein, und so ihr sagt: Ich meine, sagt ihr soviel, als wenn ihr sagen möchtet: Seht, das ist mein Urteil, wie auch: Ich denke das aus mir ohn’ alle Rücksicht auf das Urteil eines Zweiten, Dritten, Vierten; sondern wie ich’s hab zuerst in mir empfunden, geb’ ich es als rein nur selbst erzeugte Ware wortgetreu von mir. Und seht, so ihr sagen möchtet: Höre Freund, was meinst denn du? – so habt ihr recht gefragt, wenn ihr da sagen wolltet: Freund! was gehen dich die Urteile an, die da auf meinem Grunde sind gewachsen? Doch so ihr sagt oder wollt sagen: Freund! lass hören das Urteil, so da gewachsen ist auf deinem Grunde – hört! – da redet baren Unsinn ihr, denn wie soll denn ein Zweiter meinen können oder aussprechen ein Urteil des Ersten, ohne es gehört zu haben als ein eigenes, ohne dass es je gewachsen wäre auf eigenem Grund und Boden!
Nun, so seht hier die deutsche Sprache, wie sie sich verbessert hat seit alter Zeit und Sitte, da ihr wohl aus Eigenliebe noch geblieben ist das Meinen; doch das Zeitwort deinen, seinen, das gebräuchlich war in einter Zahl, ist lange, lange schon aus allem Kurs gekommen. Und so da denn jemand recht wollt fügen dieses Wort, müsst sagen er: Ich meine, du deinst, er seint, wie auch: er seinet. Und wie es da gibt eine Meinung dann, so soll’s auch geben eine Deinung, wie auch eine Seinung. Und obschon da jeder hat für sich die Meinung, aber wenn er sagen soll des Zweiten oder Dritten Urteil – hört! – da soll er reden von der Deinung oder Seinung, aber nicht von einer Meinung eines Zweiten, Dritten oder wohl gar Vierten und so weiter. Ebenso ist’s auch gefehlt, so da jemand sagt: meine Meinung, da die Meinung ja schon ohnehin die Eigentümlichkeit des Redners zur Genüge kündet – nun, wozu hernach das meine? Unsinnvoller ist hernach die Rede erst, so jemand sagt: Deine oder seine Meinung! Hört, solche Sprachalbernheiten gäb’ es eine große Menge noch auf eurer Zunge, ja da wäre noch gar viel zu richten und zu ebnen; aber da der Unsinn gang und gäbe ist geworden bei den Menschen und geworden ist zur harten Kruste um den Stamm der Völker schon seit Babels Zeiten, so wird’s hart sein gegen solche alte Narr- und Bosheit streiten!
Sprecht also wie ihr sprecht nach gewohnter Sitte, aber allzeit doch versteht, was ihr redet oder was von Mir zu euch geredet wird im Stillen. Und da vom Sprachirrtum allhier geredet wird, so füg Ich schließlich noch hinzu, dass unter allen Sprachen die französische die dümmste ist und ist die slawische und ungarische ganz unvergleichlich besser. Denn wo eine Sprache anders wird geschrieben und ganz anders dann gesprochen und hat doch kaum einen Laut, der da auf eigenem Grund und Boden wär gewachsen, seht, solche Sprachen sind meist voll von Trug und Lügen, wie die Menschen, deren Zungen sich danach bewegen. Solche Sprachen gleichen jenen finsteren Heiden, die die Götter schnöd besiegter Völker aufgenommen haben ins Kollegium des eignen unsinnvollsten Götterheeres unter mehr und bald auch weniger Veränderung der Namen, ohne zu bedenken, was der Name gründlich mochte sagen.
Seht, und doch gibt es heutzutage Tausende und Tausende von noch viel größeren Narren unter Meinem deutschen Volk, die da ihre eigene Muttersprache rein aus vaner Eitelkeit und Prahlerei verschlechten und verscheißen, um den anderen Narren glaubhaft gar zu machen, dass sie auch Franzosen oder gar Engländer oder Türken seien. Hört, mit welchen Namen soll Ich solche Narren taufen?
Ja, Ich sage, o Unendlichkeit, du großes Wort, wohl würdig groß genannt zu werden aus dem Munde Dessen, der dich ewig schuf; doch trägst du sicher nicht in deinen ew’gen Räumen irgendeine Tafel, da geschrieben stünde solcher Narren nimmer aussprechbarer Name, die da statt der Herzenssprache lernen reden eine Sprache, deren sich nach Meinem Sinn der dümmste Esel schämen möchte. Doch mein’ Ich hier nicht jene, die darinnen sind geboren, oder solche, die zum Dolmetsch sind erkoren, sondern jene nur, ihr kennt sie schon, Ich will zum zweiten Male nimmer solcher Narren mehr erwähnen, wo ein Deutscher will zum Deutschen gar französisch, englisch oder türkisch reden.
Dieses merkt euch alle wohl, dass Ich nur eine Sprache spreche und nur diese eine Sprache wohl verstehe! Diese ist die Sprache eines reinen, liebevollen Herzens, welche ist die Sprache aller Himmel, so wie aller Engel. Möchte sie auch bald die eure werden, Amen; ja, das sage Ich, der beste Meister aller Sprachen. Amen, Amen, Amen.
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