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170. Zum Namenstag – 28. Mai 1847

Aus einem Brief an Wilhelmine Hüttenbrenner:

  1. Ich wandte mich für Sie an den Herrn, um für Sie von Ihm ein heiliges Wörtlein zu bekommen. Allein diesmal war Er, wenigstens für diesen Augenblick oder gerade für diesen Tag, durchaus nicht dazu zu bewegen. Nur zu mir sagte Er nach einer Weile:
  2. „Was willst denn du, alberner Dummkopf, Mich stets zu einem Namenstagsgratulanten gebrauchen? Warum soll denn gerade allezeit der Namenstag dazu bestimmt sein, dir für deine Mädchen gratulative Nebenwörtchen zu geben? Ich will von den Geburtstagen des Leibes nichts sagen, aber was gehen Mich eure dummen Namenstage an?! Ich habe es dir schon einmal gesagt, dass Ich die irdischen Namenstage nicht leiden kann, und dennoch kommst du Mir schon wieder mit so etwas!
  3. Was ist ein Namenstag? Siehe, das ist der erste Eitelkeitstag – für die Eltern zuerst, da sie gar nicht wissen, auf was für einen allerschönsten Namen sie ihr Kind taufen lassen sollen; und dann für das Kind auch, wenn es einmal so viel Auffassungskraft besitzt, die Schönheit seines Namens einzusehen.
  4. Komme Mir daher nur nicht bald wieder mit so einem ersten Eitelkeitstag, sonst werde Ich dir gratulieren, und das nicht auf die sanfteste Art! Das merke du dir vorderhand, auf dass du dich künftig zu benehmen weißt, wenn wieder irgendwo ein Namenstag im Anzug sein sollte.
  5. Ich habe dir sonst wohl auch an solchen Tagen deiner gutmütigen Dummheit wegen Wörtlein gegeben; aber da waren die „zehn Buchstaben“ des Hauptwerkes noch nicht enthüllt. Nun sie aber enthüllt sind, da verlange Ich von dir wie von jedem, für den sie enthüllt sind, eine genaue Überlegung dessen, um was du zu Mir kommst.
  6. Ich will aber darum nicht härter sein, sondern nur genauer. Und so werde Ich wohl bei einer anderen Gelegenheit dem Töchterchen des A.H.-W. auch etwas geben, was ihm wohl zustattenkommen wird. Aber jetzt zum Namenstag gebe Ich durchaus nichts, außer Meine alltägliche, gewisse Lebensgnade.
  7. Nebstdem aber verlange Ich in der Zukunft auch von jedem, der von Mir einen besonderen Rat oder Trost haben will, dass er sich zuvor vollernstlich in seinem Herzen an Mich wende und nicht an dich, da es dann zur Hälfte herauskäme, als so du ein willkürlicher Ausspender Meiner Gnaden wärest und brauchtest zu Mir nur zu sagen: „Herr, tue dies und tue das!“ – und Ich müsste dann etwa gar tanzen nach deiner Pfeife?!
  8. O das tue Ich nicht mehr, sondern von nun an musst du dich von Mir ziehen lassen, so du selbst weiterkommen willst. Wenn aber du oder jemand anderes etwas aus dem Wort näher enthüllt haben will, da bin Ich noch stets der gleiche, allezeit bereitwillige Geber. Aber nur keine Namenstagsgratulation mehr!
  9. Also für deine Klientin nächstens etwas, wenn sie Mich Selbst darum recht liebeernstlich zuvor angehen wird und Ich dich dann Selbst dazu auffordern und antreiben werde – aber sonst nicht! Das merke dir nun ein für alle Mal! Amen. Verstehe das wohl! Amen.“
  10. Sehen Sie, aus welchem Grunde ich für diesmal nichts als bloß nur für mich einen recht derben Putzer von dem lieben, besten Herrn bekommen konnte! Nehmen Sie sich aber das auch recht ernstlich zu Herzen, wenn Sie vom Herrn etwas haben möchten!
  11. Bitten Sie Ihn zuvor ja recht herzernstlich, so wird Er Ihnen sicher etwas geben. Für diesmal aber müssen Sie sich schon mit meinem guten Willen fürs Werk begnügen, so wie ich mit meinem Kardinalputzer.
  12. Befolgen Sie sonach meinen Rat, so Sie vom höchsten Geist Gottes etwas haben wollen! Mich aber betrachten Sie als ein stummes Werkzeug, das allezeit bereit ist, im Namen des Herrn jedermann zu dienen. Solches sagt zu Ihnen, Ihres Namenstages wohl im Herzen eingedenk, Ihr Freund und Bruder im Herrn, Jakob Lorber.

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