Am 28. Dezember 1842
[2.220.1] Nach dieser Rede Henochs schlugen sich alle Anwesenden auf die Brust, und einer sagte zum anderen: „Was war das für eine Rede, und was waren das für Worte!
[2.220.2] O Wahrheit, du ewig heilige Wahrheit, der Weg zu dir ist für den, der dich nicht kennt, unaussprechlich schwer zu finden!
[2.220.3] So du aber dem müden Wanderer entgegenkommst, dann bist du alsbald also wohl erkennbar für ihn, wie da erkennbar ist für jedes Auge die aufgehende Sonne!
[2.220.4] Ja, man kann nun denken, wie man will, und es lässt sich durchaus kein anderer Satz ausfindig machen, der aber auch nur neben dem bestehen könnte!
[2.220.5] Also gibt es nur eine Wahrheit: Gott ist diese ewige Wahrheit, und diese zeigt das allein wahre Verhältnis zwischen Ihm und dem Menschen an und sagt, dass dieses die alleinige Liebe ist!
[2.220.6] Kann aber die beste und reinste Vernunft auch ein anderes möglich finden?
[2.220.7] Nein, wir wissen es ja, dass da alle menschlichen Verstandeswerke in lauterem Zerstreuen bestehen, und das Zerstören ist am Ende sein Sinn.
[2.220.8] Wir sind suchende, versuchende, bauende, verbauende, zerbauende und zerstörende Planmacher; wir wollen stets etwas Neues, stets etwas Besseres und Vollkommeneres, und vergessen bei solchen Bemühungen ganz und gar, dass wir uns selbst nie übertreffen können und somit alle unsere Werke nichts sein können als das nur, was da ist ihr Grund: unser Verstand!
[2.220.9] Wir haben große Augen für Torheiten anderer, aber die bei weitem größeren eigenen mögen wir nicht erschauen.
[2.220.10] Solches alles aber liegt ja eben darinnen begraben, weil wir noch nie eine volle Wahrheit erschaut haben.
[2.220.11] Nun aber hat uns dieser mächtige große Freund Gottes die reinste Wahrheit gezeigt! Darum mögen wir auch wie auf einen Hieb die ganze Masse unserer großen und groben Torheiten erkennen; denn die Liebe ist ja das Einzige im Menschen, das ihn versammelt und zusammenhält, das Einzige, wodurch noch jeder seine Gedanken ins Werk gesetzt hatte!
[2.220.12] Ja, die Liebe ist die offenbare Grundbedingung alles Seins und somit auch alles Werdens; ja, sie ist – wenn wir es so recht nehmen wollen – das eigentliche Sein selbst; sie ist die einzige Realität, also die einzige Wahrheit! Und solches konnte uns so viele Jahrhunderte hindurch entgehen?!
[2.220.13] Ja, großer, mächtiger Freund und wahrhaftigster, alleiniger Hohepriester Gottes, du hast ganz vollkommen recht, da die Liebe die alleinige wirkliche Realität ist, das alleinig wahre Sein, und ist sowohl das Grundwesen Gottes, als auch somit das unsrige vollkommen aus Ihm.
[2.220.14] Was können wir Ihm dann wohl anderes bieten als das nur, welches allein etwas ist vor Ihm, nämlich die Liebe, das heißt alle unsere Liebe, da unser alles eben ja auch der Liebe Gottes entstammt!
[2.220.15] Nehme daher unsere vollste und teuerste Versicherung an, dass wir solches tun werden und wollen aus allen unseren Kräften; und Gott möge uns so, wie bis jetzt, gnädig und barmherzig sein!
[2.220.16] Gelobt und über alles geliebt sei Sein heiligster Name!“
[2.220.17] Und der Henoch sagte: „Amen! Gelobt und geliebt sei von uns allen ewig der heilige, allerliebevollste Vater, der uns schon ehedem geliebt hatte, bevor wir noch waren; denn wäre es nicht also, so wäre nie etwas erschaffen worden!
[2.220.18] Gott als die ewige, unendliche Liebe und Weisheit, also die ewige Wahrheit, sah von Ewigkeit her, dass Ihre Werke gut waren, sind und ewig bleiben werden; darum trägt uns noch die alte Erde, und die alte Sonne spendet uns stets ein gleiches, herrliches Licht!
[2.220.19] Der Mensch nun ward gesetzt zur höchsten Vollendung auf diesen engen Kreis; der Kreis ist zwar enge, aber desto mächtiger erfüllt mit der Liebe Gottes.
[2.220.20] Daher erkennt alle in diesem engen Liebekreis, dass Gott die Liebe ist; erkennt mit Liebe die Liebe, so wird diese Liebe ein mächtig Feuer werden, welches gar bald den engen Kreis zerreißen wird!
[2.220.21] Und ihr werdet dann frei hinaustreten in den unendlichen Kreis der göttlichen Liebe, Gnade und Erbarmung und werdet da ein Leben leben, welches da heißt: ‚Seid vollkommen, wie Ich, euer Vater, es bin!‘
[2.220.22] Nun aber lasst uns ein Mahl nehmen, Bruder Lamech! Wie wir hier beisammen sind, lasse uns auch gemeinschaftlich in die Schüssel greifen!
[2.220.23] Und so denn führe uns in den Speisesaal! Amen.“
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