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145. Der reichste Fürst. Ein Gleichnis zur Frage der Vorexistenz – 15. August 1844

Frage Ans. Hüttenbrenners: „O Herr, hatte ich schon einmal irgendwo ein Dasein? Dachte, fühlte und handelte ich nicht schon, ehe mich meine Mutter empfing?“

  1. Höre du, Mein lieber Freund A. H.-W., ihr sagt öfter: „Das ist eine kitzliche Frage!“ – Und siehe, also muss da auch Ich zu dir sagen: Das ist eine sehr kitzliche Frage!
  2. Ein Ja, ein Nein, beides wäre hier gleich, denn du möchtest das eine so gut wie das andere glauben, da dir in diesem deinem irdischen Zustand durchaus weder für noch gegen solche Annahme irgendein einleuchtender Beweis gegeben werden kann und in Rücksicht auf dein freies geistiges Wohl auch nicht gegeben werden darf!
  3. Ich aber werde dir dafür ein Bild geben! So du Weisheit besitzt, da wirst du vieles daraus entnehmen können! Und so höre denn:
  4. Siehe, es war irgendein großer Fürst, dieser hatte ein überreiches Land an Gold, Silber, Edelsteinen, Äckern, Wiesen, Tieren und Wäldern von der besten Art. Und dieses Land hatte auch eine gerechte Bevölkerung.
  5. Daneben aber war ein anderer Fürst, dessen Land bei weitem ärmer war an allen angezeigten Schätzen. Und so gab es noch eine Menge kleinerer Fürstentümer rings umher, und alle waren an allem dem um sehr vieles ärmer als das Land des einen reichen Fürsten.
  6. Dieser Fürst aber achtete seiner Schätze nicht, so groß sie auch waren, sondern sein Augenmerk war stets auf die Güter der viel ärmeren Fürsten gerichtet und darauf, wie er solcher habhaft werden könnte.
  7. Mitten unter diesen Fürsten lebte ein überaus weiser Mann, der nichts als seine hohe Weisheit besaß. Aber er war dennoch darum der Reichste unter allen, denn ohne seinen Rat getraute sich keiner der Fürsten etwas zu tun.
  8. Diesen Mann fragte einmal der überreiche Fürst, was er wohl tun solle, um die Güter der anderen an sich zu bringen, auf dass er die großen Schätze seines Landes, die er nicht achte, an sich selbst schonen könnte.
  9. Und der weise Mann sprach zu ihm. „Weißt du was? Siehe, da habe ich einen guten Rat! Willst du deinen ungerechten Wunsch fördern, da werde mir gleich! Gib alles, was du hast, an die, denen du alles nehmen möchtest, so wirst du gleich mir, der ich nichts besitze, aber dennoch alles haben. Und du wirst mit allem verfügen können gleich mir, der ich auch alles hatte, aber eben darum alles hergab, um alles tausendfältig zu gewinnen!“
  10. Diese Rede des weisen Mannes gefiel dem reichen Fürsten überaus wohl, und er tat sobald nach dessen Worten.
  11. Und als er darum alle die Fürsten zusammenberief, um ihnen sein Land gänzlich abzutreten, da fragten diese ihn voll Staunens, warum er doch solches tue.
  12. Und er, der große Fürst, sprach: „Weil ich eben darum die wahre Weisheit überkomme, in der alle diese Schätze tausendfach enthalten sind!“ – Als die anderen Fürsten solches vernahmen, da sprachen sie: „Wenn also, so bist du schon wahrhaft ein überweiser Mann und wir wollen, dass du über uns alle gebieten sollst!“
  13. Der Fürst aber sprach: „Nicht also, meine Freunde, ich habe nur erst den ersten Schritt in der Schule der Weisheit getan! Lasst mich zuvor meine Bahn vollenden, und nehmt ihr mein Gut! So ich vollendet aus der Schule wiederkehren werde, dann will ich euch ein rechter Führer sein!“
  14. Damit übernahmen die anderen Fürsten das reiche Land. Der reiche Fürst aber begab sich sobald in die Schule der Weisheit zum weisesten Mann.
  15. Siehe, das ist ein geheimes Bild, in ihm liegt die Antwort! Strebe diesem Bild nach, so wird dir in allen Dingen Licht werden für ewig. Amen, Amen, Amen.

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