Am 14. November 1842
[2.191.1] Als der Thubalkain solche festen Worte vom Kisehel vernommen hatte, da ward es ihm anfangs ein wenig bange, denn er hatte dem ersten Anschein nach dem Fremden bei weitem nicht so viel Mut zugetraut. Er hielt darum mit seinem Rückgang auch eine kurze Zeit inne, aber er ermannte sich wieder und sagte dann etwas hohnlächelnd:
[2.191.2] „Du willst mich etwa gar mit deinem Bärengebrüll in meinem Willen ändern und dir zu einem gehorsamsten Knecht machen?!
[2.191.3] Siehe, das kostet mich nur eine Lache, du armseliger Gebirgstropf! Wenn ich es nur der Mühe wert fände, so würde ich dir alsogleich dafür die Festigkeit unserer Hämmer zum Verkosten geben, aber da der mächtige Löwe sich nicht mit dem Mückenfangen abgibt – was ich tagtäglich an meinen zwei gefangenen lebendigen Tieren zu öfteren Malen schon beobachtet habe –, so will auch ich mich mit solchem Geschmeiß nicht abgeben! Verstehe, Lümmel, und mache nun, was du willst; ich aber gehe!“
[2.191.4] Hier wollte sich der Thubalkain wieder ans Gehen machen, aber es war vergebens seine Mühe, denn des Kisehel Wort und Wille aus Mir hatte des Erzmeisters Füße also gelähmt, dass derselbe gänzlich außerstande war, auch nur ein Glied an denselben in Bewegung zu bringen.
[2.191.5] Als der Thubalkain solches merkte, berief er seinen Vater Lamech zu sich und sagte ganz heimlich und ziemlich stark verlegen zu ihm: „Höre, wie ist mir denn, da ich keinen Fuß bewegen kann? Rate und helfe mir, sonst mache ich ja nun die allererbärmlichste lächerliche Figur vor diesen rohen Gebirgsdummköpfen noch obendrauf!“
[2.191.6] Und der Lamech sagte darauf zum Thubalkain: „Habe ich dir nicht zuvor gesagt und habe geredet: ‚Nehme dich in Acht, dass dir der Hammer nicht zu schwer wird!‘?! Siehe, die Vorsage deines Vaters ist eingetroffen; daher sehe zu, wie du mit diesen Gesandten des großen Gottes zurechtkommen wirst!
[2.191.7] Ich darf dir nun nicht mehr sagen, aber solches magst du wohl erfahren, dass mit jenen nicht gut streiten ist, denen die Elemente auf einen Wink gehorchen!
[2.191.8] Jetzt wisst ihr genug, und du für dich beinahe zu viel; sehe daher nun zu, wie du gleich wirst mit dem, dem du das Gewicht deines Hammers gezeigt hast!“
[2.191.9] Hier fing der Thubalkain gewaltigst an zu stutzen und dachte hin und her, was er tun solle.
[2.191.10] Endlich aber dachte er sich: „Wäre mit diesen also seienden Gottesboten etwas mit Gewalt auszurichten, so hätte solche mein Vater Lamech, gegen den ich nur ein sanftes Lamm war und noch bin, sicher in die vollste Anwendung gebracht!
[2.191.11] Er aber redet nun also, dass daraus erhellt, dass auch er gegen sie nichts vermag!
[2.191.12] O Vater Lamech! Jetzt verstehe ich dich erst; du bist selbst ein Besiegter!
[2.191.13] Ja, von dem Standpunkt aus betrachtet, dürfte mir mein Hammer freilich wohl etwas zu schwer werden, und es wird darum hier freilich wohl rätlicher und besser sein, zur Politik seine Zuflucht zu nehmen und sich unterdessen zu fügen, bis nicht ein anderer Wind gehen wird!
[2.191.14] Also will ich es denn auch machen, und sollte es kosten, was es wolle!“
[2.191.15] Hier wandte er sich an den Kisehel und richtete folgende Worte an ihn: „Mann von den Bergen! Lässt sich denn mit dir kein vernünftiges Wort reden, keines, was dir wohlverständigermaßen genehm wäre zur Beschlichtung meines und deines Willens?“
[2.191.16] Und der Kisehel erwiderte ihm: „Oh, nicht nur eines, sondern eine ganze Menge; aber nicht aus dem Grunde, als du mit mir reden möchtest! Bei mir ist alles voller Ernst und volle Wahrheit, aus Gottes ewiger Ordnung gehen meine Worte und meine Handlungen hervor!
[2.191.17] Willst du sonach mit mir fruchtend reden, so musst du auch aus vollstem, innerstem Ernst reden, aber nicht aus Politik, sonst ist jedes deiner Worte vergeblich!
[2.191.18] Menschen deinesgleichen magst du durch deine Politik wohl berücken; aber Menschen, wie wir da sind, denen ist derlei fremd. Denn sie sehen mittels der Gnade Gottes in die Herzen und wissen bis auf ein Atom, was in selbem vorgeht, daher es dann auch unmöglich ist, sie zu berücken auf dem Wege weltlicher Politik!
[2.191.19] Verstehst du solches? Ich sage dir, verstehe es, und bedenke es genau, denn du wirst diese Stelle nicht eher verlassen, als bis du alle Politik aus deinem Herzen wirst verbannt haben! Solches beachte und verstehe wohl! Amen.“
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