Am 7. Oktober 1842
[2.170.1] Nach einer ziemlichen Weile fingen sich die Väter erst an zu erholen und um sich her zu schauen, ob nicht irgend Jehova zu erschauen wäre.
[2.170.2] Aber solch ein Bemühen war vergeblich; denn Jehova verbarg Sich wieder in Sein Heiligtum und war mit keinem anderen Auge mehr zu erspähen denn allein mit den Augen der reinen Liebe im Herzen.
[2.170.3] Es trat aber nach einer Weile der Adam hin zum Henoch und sagte zu ihm: „Henoch, rede etwas von Ihm, den unsere Augen nicht wert waren anzuschauen, damit wir uns nicht gar so verwaist vorkommen!
[2.170.4] Denn nichts ist schmerzlicher fürs Herz, als das zu missen, was man einmal mit Liebe erfasst hat; umso schmerzlicher aber ist’s, nun Den zu missen, der das alleinige Leben unserer Herzen ist und daher der alleinige Gegenstand unserer allermächtigsten Liebe!
[2.170.5] Daher rede, Henoch, rede! Rede von Ihm, ja von nichts anderem rede denn nur von Ihm; denn Er allein ist nun unserer Herzen größtes Bedürfnis geworden!
[2.170.6] Rede auch nicht von dem, was auf Ihn irgendeine Beziehung hat, sondern ganz rein von Ihm nur rede; auch nicht, wie Er ist also voll Liebe, Erbarmung und Herablassung unter uns gewesen und hat uns alle geführt und gelehrt und mit der größten Sanftmut gezeigt die liebeerfülltesten heiligsten Wege zu Ihm, zu Ihm, dem besten, heiligsten, liebevollsten Vater!
[2.170.7] Also nur rede von Ihm allein, lieber Henoch! Amen.“
[2.170.8] Und der Henoch öffnete alsbald den Mund und sprach: „Würdigster Vater, dein Wunsch ist rein wie das Wasser dort, das da am weißen Sand, unter dem weißen Stein einer reinsten Quelle entstammend, spielt; aber denke einmal nach, was das heißt: von Ihm reden, von Ihm allein reden!
[2.170.9] Siehe an Seine großen Worte um uns herum; wir selbst sind nichts anderes, und was wir nur immer ansehen mögen, ist nichts anderes, denn Gottes Wort!
[2.170.10] Nun aber wünschst du, ich möchte von Ihm sprechen, ohne etwas zu berühren, was da mit Ihm in irgendeiner Beziehung stünde!
[2.170.11] Sage mir, würdigster Vater, wie solches wohl möglich sein möchte?! Denn pur von Ihm reden ohne Berührung anderer auf Ihn Bezug habender Bilder und Sachen und Dinge, ist eine gänzliche Unmöglichkeit!
[2.170.12] Man müsste nur ununterbrochen Seinen Namen in einem fort aussprechen; wie aber würde dir das nur bei einer kurzen Zeitdauer vorkommen?
[2.170.13] Oder wäre eine solche höchst einförmige Wortreihe eines und desselben Namens, wenn durch ihn auch der allerhöchste und allerwürdigste Gegenstand unserer Liebe bezeichnet wird, wohl eine Rede zu nennen?
[2.170.14] Daher musst du, würdigster Vater, deines Herzens zwar an und für sich allerreinsten, aber dessen ungeachtet dennoch nicht ausführbaren Wunsch ein wenig ändern, und ich werde dann demselben unverzüglich Gewähr leisten!“
[2.170.15] Und der Adam sah das Törichte seines Verlangens ein und sagte endlich zum Henoch: „Ja, ja, mein Sohn, du hast recht, mein Verlangen ist im Ernst rein unausführbar; daher tue nach deinem mit der Liebe des allerheiligsten Vaters wohlverwandten Herzen, und mir wird alles endlos willkommen sein, was du nur immer über Ihn hervorbringen wirst! Amen.“
[2.170.16] Und alsbald begann der Henoch folgende kurze Rede an alle Anwesenden zu richten, sagend nämlich: „Väter und Brüder! Habt ihr noch nie die Beobachtung gemacht, wie sich der Mond am Tag neben der Sonne ausnimmt, welcher Unterschied da ist zwischen seinem und der Sonne Licht?
[2.170.17] Ihr seht mich alle groß und verwundert an, und wisst nicht, was ich damit sagen will!
[2.170.18] O hört nur, wir wollen dies Bild schon deutlicher auseinanderklauben!
[2.170.19] Seht, wenn der Sonne mächtiges Licht vom überhohen Firmament zu uns herabstrahlt, da steht der Mond beschämt neben der großen Leuchte des Tages, und ein Wölkchen schimmert in den Strahlen der Sonne ums Vielfache mehr denn der Mond mit all seinem nächtlich prunkenden Schein! Erst wenn die große Tagesleuchte völlig untergegangen ist, fängt sich an des Mondes kaltes Licht hervorzutun, neben dem auch die kleinen Sterne zu leuchten vermögen!
[2.170.20] Seht, gerade also steht es nun mit mir! Jede Rede nun über den Vater aus meinem Munde würde sich jetzt gerade also ausnehmen wie das Licht des Mondes neben der Sonne; wenn es aber Abend und Nacht wird, sodann wird auch mein Mond leuchten, als hätte er ein eigenes Licht, und wird auch andere Sterne um sich her leuchten lassen.
[2.170.21] Solange aber noch die große Leuchte des Wortes Gottes in uns leuchtet, so lange ist mein Mondlicht eine eitle Torheit; daher erlasst mir jetzt die verlangte Rede, und erquickt euch alle noch an den Strahlen des großen Lichtes in uns!
[2.170.22] Denn jetzt gliche meine Rede einer barsten Verfinsterung der Sonne in uns; daher bleiben wir am Tag, solange dieser währt!
[2.170.23] So aber irgendwann dieser Tag sollte zu Ende werden, dann, Väter und Brüder, seht euch erst um nach dem Mond! Und jetzt aber lasst uns nach Hause gehen, denn die Sonne nähert dem Untergang sich schon! Tun wir das! Amen.“
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