Am 20. Juli 1842
[2.123.1] Nach diesen Worten aber wandte Sich der hohe Abedam zum Seth und sagte zu ihm: „Bruder der Liebe, du weißt es, wie lieb und teuer du Mir bist; darum sollst du auch durchaus kein Bedenken tragen, dich mit der Frage an Mich zu richten, welche du birgst in deinem Herzen!
[2.123.2] Denn wenn Ich der Welt Kinder aufnehme zu Meinen Kindern und ihnen tue, das sie von Mir sich entbitten, um wie viel mehr werde Ich solches dir dann erst tun, da du ein wahrer Bruder Meiner Liebe bist; daher lasse nur laut werden, das da dein Herz nicht ruhen lässt!“
[2.123.3] Auf diese gnädigste Beheißung rückte der Seth alsbald näher und sagte: „O Du überguter, überheiliger Vater, aus allen meinen Kräften danke ich Dir, darum Du nun Luft gemacht hast meinem Herzen; denn wahrlich, ich war in einem großen Herumirren und wusste nicht, wie ich aus diesem Dickicht hätte den Ausweg finden sollen!
[2.123.4] Allein jetzt ist schon alles gelichtet, und ein allerherrlichster Ausweg strahlst Du vor mir!
[2.123.5] Und so denn öffne ich freudig mein Herz und gebe kund durch den Mund in dieser Stunde, was ich nahe seit Deiner ersten Besprechung mit der herrlichsten Pura in mir mich drückend habe herumzutragen angefangen!
[2.123.6] Das aber ist die dunkle Bürde meines Herzens: Du hast diesem Kind eine Verheißung gemacht, der zufolge ich mir nichts anderes denken kann, trotz der allermöglichsten Hin- und Herwendung, als:
[2.123.7] Dass Du Dich dereinst, Deiner unendlichen Heiligkeit gewisserart entziehend, durch die Allmacht Deiner Liebe in dem Leib eben dieses Mägdleins Selbst zu einem Kind – und somit zu einem Menschen, angetan mit Fleisch und Blut, zeugen willst!
[2.123.8] Darum aber trübt mich das, da ich auf der einen Seite Deinen heiligsten Worten keinen anderen Sinn abgewinnen kann, – auf der anderen Seite aber erschaudere ich wieder vor dem Gedanken, da ich keine größere Unmöglichkeit mir zu denken vermag, denn gerade diese da ist!
[2.123.9] Denn es ist – natürlich zu denken – ja doch eine barste Torheit, so man sich’s als möglich dächte, eine Zeder zu stecken in einen Strohhalm, oder einen Berg zu schieben in das Ei einer Grasmücke, oder gar das ganze Meer zu fassen in eine hohle Haselnussschale, und dergleichen mehr!
[2.123.10] Deinen Worten zufolge aber soll dereinst Dich, den unendlichen Gott, dies Mägdlein in sich aufnehmen, damit Du Dich in ihr dann umkleiden möchtest mit Fleisch und Blut!
[2.123.11] Du, der Du trägst und leitest die ganze Unendlichkeit durch Deinen unendlichsten Geist, sollst mit diesem Geist Platz haben im Leib eines solchen Kindes?!
[2.123.12] Nein, nein, wahrlich, es ist nur eine Faselei; ich will eher begreifen, so mir jemand sagen möchte: ‚Ein Atom kann in sich die ganze Erde fassen!‘, denn das, dass Dich der Leib eines solchen Mägdleins umfassen solle in aller Fülle Deines unendlichen Geistes!
[2.123.13] Wie demnach solches zu nehmen ist, bitte ich Dich inbrünstigst, dass Du mir es wie allen kundgeben möchtest; Dein heiliger Wille allzeit und ewig! Amen.“
[2.123.14] Da ergriff der hohe Abedam alsbald die Hand des Seth und gab ihm diese Antwort:
[2.123.15] „Seth, wie großkleinlich denkst du doch von Mir! Siehe, wenn es also wäre, wie du dir denkst, wie wäre es da Meinem unendlichen Geist je möglich gewesen, etwas Endliches zu erschaffen – und dennoch in dem Endlichen zu verbergen die ganze Unendlichkeit?!
[2.123.16] Erinnere dich der Gesichte der zwölf Boten, und bedenke, was diese alles in sich gefunden und geschaut haben!
[2.123.17] Bedenke, wie in einem kleinsten Samenkorn einer Zeder nicht nur der Baum, den du vor dir ausgebreitet siehst, sondern eine unendliche Zahl solcher Bäume verborgen liegt, – in einer Haselnuss so viele Haselnüsse, dass, so sie nicht wieder aufgelöst würden, sie in zweitausend Jahren schon einen größeren Raum erfordern würden denn die ganze Erde selbst!
[2.123.18] Siehe, wenn Mir aber solches möglich ist und noch zahllos anderes mehr, das dir noch ums Unaussprechliche unbegreiflicher wäre denn das, so du es wüsstest, da wird Mir wohl auch möglich, das dir nun gar so unmöglich vorkommt!
[2.123.19] Solches aber sollst du, wie alle, wissen, dass da unter der Verheißung nicht verstanden werden soll, als solle dereinst eben dieses Mädchen wieder zur Erde kommen aus den Himmeln, um Mich da zu empfangen im Fleische und Blute, sondern dazu wird sich schon gar wohl eine andere Jungfrau vorfinden; aber diese wird dann haben denselben gleichen Geist der Liebe und des Glaubens, wie ihn da hat dies Mägdlein nun!
[2.123.20] Und so wird dies Mägdlein nicht nötig haben, wieder in die Welt zu gehen, sondern eine andere Jungfrau wird darum mit einem ganz gleichen Geist belebt werden.
[2.123.21] Solches sollst du und alle also verstehen!
[2.123.22] Denn siehe, bei Mir sind gar viele Dinge möglich, die bei euch Menschen sogar unmöglich zu denken sind!
[2.123.23] Daher glaube fest Meinen Worten; denn wie Ich es dir sage, also auch wird es geschehen unausweichlich! Amen.“
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